Feminisms revisited
Dekonstruktion von Zwangsdiskursen, Feminismen und Identitäten
Die Rede vom „weltweiten Patriarchat“ oder dem gemeinsamen „weiblichen Opferstatus“ thematisierte Differenzen und Machtungleichheiten zunächst nur gegenüber Männern, dem Staat, dem System. Der aus unterschiedlichen Positionen heraus geäußerten vehementen Kritik an diesem „Mainstream Feminismus“ verdanken wir, dass es inzwischen weitgehend als Konsens gilt, dass es „die Frau“ weder als politisches Subjekt noch als Objekt der Beforschung und Zuschreibung gibt. Geschlecht wird außerdem nicht mehr automatisch auf Mann- oder Frausein reduziert, sondern auf unterschiedliche geschlechtliche Existenzweisen bezogen. Erfahrungen von Frausein gestalten sich je nach Herkunft, Klassenlage, Gesundheit, Befähigung, Alter, politischer Verortung, sexueller Präferenz, etc. sehr unterschiedlich und werden nicht zuletzt nach Ort und Zeit konkret entsprechend different und wechselnd erlebt. Diese vielfältigen Unterschiede korrespondieren mit Machtverhältnissen und ungleichen Zugängen zu Ressourcen oder Fördermaßnahmen auch zwischen Frauen (und unterprivilegierten Männern).
Soziale Ungleichheiten und ungleiche Rechte
Die fundamentale Kritik an der vorherrschenden Geschlechterordnung darf aber nicht "nur" diese Machtdifferenzen im Binnenverhältnis reflektieren, sondern sollte diese hierarchischen Geschlechterverhältnisse als Strukturmerkmal und „Schmiere“ in der neoliberalen Restrukturierung dieser Welt angreifen. Die vielfach herrschaftsblinde „Integration der Frauenfrage“ in den neoliberalen Nationalstaat und Alltag funktioniert nur über die Ausblendung vieler Ausschlussmechanismen. Die Privatisierung der sozialen Reproduktion als zentrales Merkmal des sog. „schlanken Sozialstaats“ wiederum funktioniert nur, wenn Frauen sich doch wieder mit „traditionell“ vorgeschriebenen Geschlechterrollen und -zuständigkeiten identifizieren und sich als verantwortliche Verwalterinnen der zunehmenden Armut einspannen lassen – globale Phänomene… Während „die Nation“ immer ausschließender wird, legitimiert der vermeintliche „Schutz“ von Frauenrechten u.a. Kriegstreiberei oder diskriminierende Ausländer_innenpolitik, sodass sich Deutsche gegenüber „den Anderen“ weiterhin modern, emanzipiert und demokratisch vertreten fühlen können.
Bewegungspolitiken & Strategien
Diese – und viele weitere - Herausforderungen verlangen nach einer radikalen Reformulierung emanzipatorischer Ansprüche aus der Geschlechterperspektive. Es geht um die Dekonstruktion von Zwangsidentitäten und dominanzkulturell zugeschriebenen Differenzen innerhalb und zwischen den Geschlechtern - vor allem aber um Ansätze und Strategien für neue gemeinsame politische Praxen, die über Geschlechterpolitiken hinausweisen.
Bisherige thematische Konkretionen:
Geschichte von Feminismen/Frauenbewegungen als umkämpfte Politik, Perspektiven Schwarzer Frauen und Frauenorganisierung in Deutschland (BRD/[Ex-]DDR), Verhältnis zwischen (Frauen-)Bewegungen und Staat in verschiedenen Kontexten, Hartz IV – Auswirkungen auf Geschlechter/-arrangements, Geschlechterperspektive auf G8/-Mobilisierungen, Queer-Politics, Postkoloniale Kritik, Geschlechterverhältnisse in der Migration.
Weitere Vorschläge und Mitstreiter_innen sind herzlich willkommen!!!
Kontakt: femi-forum-ffm@listi.jpberlin.de
Workshop: Machtungleichheiten zwischen Frauen: gelungene und gescheiterte Bündnisse
In diesem Workshop geht es um das Zusammenspiel von Macht, Identitäten und Differenzen bzw. Ungleichheiten. Wir wollen diese Begriffe nicht nur theoretisch angehen, sondern politisch diskutieren: wie hat dieses Zusammenspiel die Frauenbewegungen geprägt und welche Lehren ziehen wir für die Zukunft daraus?
Machtungleichheiten zwischen Frauen bargen in der politischen Zusammenarbeit oft Konfliktpotenziale und wurden nicht selten über Identitätspolitiken ausgetragen: Lesben gegen Heteras, behinderte Frauen gegen nichtbehinderte Frauen, Migrantinnen gegen Mehrheitsdeutsche, Nichtakademikerinnen gegen Akademikerinnen. Dennoch kamen unterschiedliche Frauen immer wieder in Bündnissen, Kampagnen, Frauengruppen, Frauenprojekten etc. zusammen. Und manchmal waren es vielleicht gerade die Unterschiede, die zu einem gelungenen Ergebnis führten.
In dem Workshop wollen wir dieses Erfahrungswissen bündeln und uns mit der Frage nach Möglichkeiten und Chancen politischer Zusammenarbeit zwischen Frauen beschäftigen. Dabei liegt unser Interesse in der Zukunft: wie können politische Zusammenarbeit/ Bündnisse gestaltet werden, um an der politischen Vision der Geschlechterbefreiung festzuhalten ohne Machtungleichheiten zwischen Frauen auszublenden?
Um diese Frage zu beantworten, wollen wir in kleinen „Interviewgruppen“ (2-3 Personen) zunächst unsere eigenen politischen Biographien reflektieren und dann anschließend unsere Erfahrungen zusammentragen. In diesem Sinne soll der Workshop Ungleichheiten zwischen Frauen reflektieren, aufarbeiten und politisch auswerten. Gleichwohl unser Workshop-Konzept ohne Frauen mit entsprechenden politischen Erfahrungen nicht umzusetzen ist, wollen wir einen Rahmen schaffen, in dem alle Interessierte willkommen sind (So könnten ‚Unerfahrene’ z.B. die Position der Interviewerin/des Interviewers einnehmen). Also: kommt alle, die sich von diesem Projekt angesprochen fühlen: alte Häsinnen, junges Gemüse, Angehörige aller bekannten und unbekannten Geschlechter…