„Frankreich brennt!“ schrieb die FAZ im November 2005. Zeitnah fanden sich auf den Titelseiten bürgerlicher Zeitungen und im Fernsehen Bilder von toten Menschen, die versucht hatten, über Mauern und Zäune inmitten militarisierter Grenzgebiete zu gelangen. Die Debatte um die „Integration“ von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen fand hiermit ihre Fortsetzung.
Wie immer blieb die Frage nach den Ursachen von Migrationsbewegungen ungestellt oder wurde lediglich verkürzt beantwortet: Die Migrierenden wollen sich lediglich in den sozialen Hängematten der Wohlstandsinseln ausruhen. Dass der Wohlstand der einen zu einem wesentlichen Teil auf der in kolonialen Verhältnissen fortgeführten Ausbeutung der anderen beruht, spielt keine Rolle: Die bürgerliche Normalgesellschaft unterscheidet „AusländerInnen“ in kulturell anpassungsfähig bzw. nichtanpassungsfähig, in ökonomisch verwertbar bzw. nichtverwertbar. Flüchtlinge und Migrierende erscheinen im Diskurs nicht als handelnde Subjekte, sondern als „boatpeople“ oder als dunkle Bedrohung am Horizont des „westlichen Lebensstils“.
Dabei liegt der Zusammenhang zwischen Migration und den herrschenden Ausbeutungsprozessen, Abhängigkeitsverhältnissen, Hegemoniebestrebungen und kolonialen Kontinuitäten auf der Hand. Die industrialisierten Länder, ihre Organisationen und Unternehmen, führen die koloniale Kontrolle über natürliche Ressourcen quasi bruchlos weiter. Zur Lenkung der Migration werden feinmaschige und immer perfidere Kontrollsysteme installiert. Sei es an den Rändern der Wohlstandsinseln oder in den „inneren Kolonien“, Lagern und Abschiebeknästen: Die Realität der Migration ist geprägt von Polizeigewalt und -brutalität, Menschenrechtsverletzungen, Apartheitsgesetzen wie der Residenzpflicht und alltäglichen Erfahrungen von Rassismus und Ausgrenzung.
In diesem Kontext unternehmen wir einen weit ausholenden Annäherungsversuch an den Kontrollbegriff: Thematisch greifen wir anhand verschiedener Beispiele die kontrollierte Zerstörung von Gesellschaften durch die Fortführung kolonialer Ausbeutungsverhältnisse auf; ebenso beschäftigen wir uns mit der postkolonialen Kontrolle und Unterstützung von Diktaturen, mit Korruption und Ungerechtigkeit.
Die Migrationsregime der industrialisierten Staaten bilden einen weiteren Themenkomplex. Wir untersuchen Strukturen, Bilder, Mechanismen und Fälle auf ihre Kontrollfunktion hin. Im Vordergrund steht dabei stets die Suche nach Lücken im System sowie nach dessen Grenzen: Wo kann Widerstandspotenzial verortet werden? Wir wollen uns Wissen, Erfahrungen, Widerstandspotenzial und -strategien aneignen und austauschen um zu handeln: Um Kontrolle über uns selbst und unser Leben wiederzuerlangen und Autonomie zu gewinnen!
Cyrille u. Ismael, FIB
Ein Crashkurs zur Einführung in die Thematik Kolonialismus. Was ist Kolonialismus, was ist Post- / Neo-Kolonialismus? Wie hängen Kolonialismus und Migration zusammen? Historische Zusammenhänge werden aufgezeigt und Begrifflichkeiten geklärt.
Gaston Ebua (The Voice Refugee Forum), Grada Kilomba (angefragt), Kien Nghi Ha, Chamberlin (FIB)
Diskutiert wird die Realität der „Migration“ im Kontext kolonialer Strukturen und deren Kontinuitäten in der deutschen Gesellschaft, Rassismus als exkludierendes Dominanzverhältnis sowie der Zusammenhang von kolonialer Ausbeutung und Migration aus der Perspektive politisch organisierter Flüchtlinge.
Stefan Ende, Benedikt Pontzen
Der Workshop beschäftigt sich mit Geschichte und Gegenwart des Kolonialismus in Ruanda. Dabei sollen Kontinuitäten aufgezeigt und Zusammenhänge sichtbar gemacht werden. Politische und ökonomische Aspekte des Kolonialismus in seinen historischen und heutigen Ausprägungen werden analysiert, wobei insbesondere die Auswirkungen des Kolonialismus auf Ruanda und die Region einer kritischen Betrachtung unterzogen werden sollen.
Serhat Karakayali (kanak attack), Sabine Hess (transit migration)
Wie lassen sich die Ereignisse von Ceuta und Mellila verstehen, wenn wir die Migration nicht nur als Bewegung von Opfern begreifen? Wie läßt sich die europäische Migrationspolitik beschreiben, wenn uns das Bild der "Festung Europa" nicht länger überzeugt? Und was sind die Bedingungen heute von Kämpfen der Migration in Europa? Diese und ähnliche Fragen wollen wir mit euch zusammen während des Workshops diskutieren.
Antirassistische Initiative - critical whiteness AG
Koloniale Kontinuitäten sollen in der Fokusierung auf den nach wie vor bestehenden kolonialen Blick von Weissen thematisiert werden. Anhand des Ethnologischen Museums wollen wir Aneignung im materiellen und im symbolischen Sinn sowie die Vermittlung kolonialer Bilderwelten thematisieren. Dabei geht es uns explizit um den Weissen Blick und nicht um das von ihm erblickte.
Chamberlaine (FIB)
Tobias Pieper, Joseph Guimatsia (FIB)
Flüchtlinge müssen in Brandenburg isoliert in alten Kasernen und Baracken versteckt in den Wäldern wohnen. Diese Lagerunterbringung ist zentrale Form des bundesdeutscheninstitutionellen Rassismus. Der institutionelle Rassismus mit seinen Sondergesetzen für MigrantInnen bildet die ideologische und ökonomische Basisstruktur der vielfältigen und auf sehr unterschiedlichen Ebenen stattfindenden gesellschaftlichen Exklusion von MigrantInnen. Gleichzeitig kämpfen die von diesen Sondergesetzen Entrechteten mit unterschiedlichen Mitteln und Strategien gegen diesen Ausschluss und für ihre Rechte. Anhand des Flüchtlingslagers Waldsieversdorf, einem alten Kasernenkomplex in den Wäldern Brandenburgs, sollen die Entrechtung und der gesellschaftliche Ausschluss von Menschen durch eine Einlagerung in der Isolation theoretisch eingeordnet werden. Der Film »Le Heim« (Joseph Guimatsia / Leona Goldstein, BRD, 2005) beleuchtet die Lebensbedingungen und Formen des Widerstandes in Lagern. Der Film soll gezeigt werden und Grundlage für die Diskussion bilden. Mit Joseph Guimatsia, Regisseur von »Le Heim«, Aktivist der Flüchtlingsinitiative Brandenburg und ehemaliger Bewohner des Lagers Waldsieversdorf. Und Tobias Pieper, Psychologe und Politikwissenschaftler, Arbeitsschwerpunkte Flüchtlingslager, Migration und Rassismustheorien, Mitherausgeber des Buches »WiderstandsBewegungen – Antirassismus zwischen Alltag und Aktion«.
Was für Rechte hat ein Kind? Was ist die UNO-Kinderrechtskonvention? Habe ich all diese Rechte? Haben junge Flüchtlinge all diese Rechte? Was ist überhaupt ein „Flüchtling“? Und warum fliehen Menschen aus ihrer Heimat nach Deutschland?
Diese und andere Fragen wollen wir in unserem Workshop gemeinsam mit jungen Menschen, die selber vor vielen Jahren nach Deutschland geflüchtet sind, versuchen zu beantworten.
Wir freuen uns auf Kinder und Jugendliche, die...
... am besten zwischen 6 und 12 Jahre alt sind
... am 26. Mai zwischen 15.00 und 19.00 Uhr Zeit haben
... gerne mehr über Kinderrechte und Flucht wissen wollen
... und vor allem Lust haben, zu quatschen und zu basteln!!
Tobias Pieper, Joseph Guimatsia (FIB)
Antirassistische Initiative - critical whiteness AG
FelS u. N.N.
Inwieweit und in welcher Form werden migrationspolitische Fragen in der Mobilisierung gegen die G8-Gipfel thematisiert? Wer ist beteiligt? Welche politischen Strategien ergeben sich? Im Rahmen des BUKO als Schnittstelle inhaltlicher Debatte und politischer Vernetzung wollen wir mit AktivistInnen und InteressentInnen ins Gespräch kommen.
Gaston Ebua (The VOICE Refugee Forum), Anja Weidner (Anwältin)
Thema des Workshops und der Diskussion ist, wie und warum Deutschland permanent gegen die UN-Menschenrechtescharta und die Genfer Flüchtlingskonventionen durch Wohnsitzbeschränkungen verstößt.
Breites Bündnis für Kolumbien (fédération pour la Colombie) Seit mehr als vierzig Jahren ist Krieg in Kolumbien; Wir wollen über die Ressourcenausbeutung, Landnahme und Vetreibung der Menschen durch die Paramilitärs in Kolumbien sprechen. Aktuelle Programme (wie ALCA und ihrer militärischen Komponente Plan Colombia- Plan Patriota) werden im Zusammenhang mit der Situation und dem Widerstand in Kolumbien dargestellt.
Mogniss Abdallah (Agence Immedia)
anticolonial citytour
Das Afrikanische Viertel in Berlin ist wie ein Spiegel für alle Aspekte des deutschen Kolonialismus und ist heute selbst noch ein Stück Kolonialismus. Die Spuren der kolonialen Ideologie im politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Bereich finden sich in diesem städtebaulichen Denkmal ebenso wieder wie Ehrungen für koloniale Täter und ehemalige deutsche Kolonien. Mit unserer antikolonialen Citytour wollen wir diesen Spuren nachgehen und sie mit der heutigen Situation in Deutschland und den ehemaligen Kolonien verbinden.
FelS, NoLager Bremen, kein mensch ist illegal Hanau, und viele andere
Auf der Basis einer Bestandsaufnahme bisheriger Erfolge bzw. Misserfolge migrationspolitischer Aktionstage bei vergangenen Gipfelmobilisierungen wollen wir über folgende Fragen diskutieren:
- Was sind unsere Forderungen und was können wir der herrschenden Debatte über Zuwanderung und Integration entgegensetzen?
- Welches Motto soll die migrationsbezogene Mobilisierung haben? Ansatzpunkte?
- Wer sind weitere BündnispartnerInnen und wie können wir sie einbeziehen?
- Wie können wir den Zusammenhang zwischen den G8Treffen und Migration und Flucht vermitteln?
- Welche Ideen gibt es, Brückenschläge zu migrationsbezogenen Gruppen in afrikanischen Ländern herzustellen (vgl. unter anderem die Erklärung WSF/Bamako)?
- Welche Zusammentreffen und Aktionen bieten sich an, unser Anliegen sichtbar und diskutierbar zu machen?
- Wie können wir Kontinuität in den weiteren Planungsverlauf bringen?