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G8-Gipfel: so what?!

Für die kritische Globalisierungsbewegung gehören die Gipfel der „8 Mächtigen“ zum festen Programm in der Widerstandsagenda – auch der G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm ist rot im Kalender angestrichen. Schon jetzt konzentriert sich ein erheblicher Teil der politischen Arbeit auf die lokale und internationale Mobilisierung.

Der informelle Zusammenschluss der „wichtigsten Industriestaaten“ hat in den letzten Jahrzehnten eine erstaunliche Karriere gemacht: Ein Kreis politisch und ökonomisch dominierender Staaten gründete 1975 die damalige G6 als Koordinationsplattform, um ihren Einfluss auf die Weltwirtschaft und ihre hegemoniale Stellung in dieser zu sichern. Die Gipfel sollten sich in möglichst unbürokratischer Runde der „drängenden Probleme unserer Zeit“ annehmen.

Seit Mitte der 1990er Jahre beanspruchte der Gipfel eine weitaus umfassendere Stellung: Neben wirtschaftlichen Fragen wurden bald Themen wie Sicherheit, Migrationskontrolle, Umwelt oder „Krieg gegen Terror“ verhandelt.

Allzu leicht erwecken die Alternativgipfel der NGOs und die Gegengipfel der Protestierenden den Anschein, als würden sie die beanspruchte Stellung der G8 akzeptieren. Denn konkrete Forderungen werden auch aus der Bewegung an die G8 gestellt. So verstärkt sich der Eindruck, das Gremium hätte tatsächlich die Macht, sich kurzerhand über die Prinzipien neoliberaler Globalisierung hinwegzusetzen. Wird dieser Eindruck durch öffentlichkeitswirksame Inszenierungen von letztlich folgenlosen Initiativen der G8 bestätigt, ist ein Ziel dieser immer auch symbolischen Veranstaltungen erreicht: Die G8 erscheint als legitimer Teil einer „global governance“.

Die konfrontative Forderung – „G8 abschaffen!“ – ist aber ebenfalls problematisch: Wenn der zur Sicherung globaler Hegemonie notwendige Konsens nicht im Rahmen der Gipfel erarbeitet wird, geschieht dies dann nicht woanders, auf ebenso undemokratische Weise?

Eine fundierte Kritik an der G8, aber auch eine Selbstkritik der Gegenmobilisierung halten wir deshalb für notwendig. Es gilt, hinter dem alljährlichen Nebel der Selbstinszenierung und der symbolischen Politik die Rolle der G8 in den globalen Herrschaftsverhältnissen zu erkennen. Welcher Art ist die Macht der G8? Sehen wir die G8 als Fluchtpunkt oder als Spiegel globaler Machtverhältnisse? Von den Antworten muss auch die Ausrichtung des Protests abhängen: Für oder Wider das Gipfel-Hopping? Kann entschlossener Protest gegen den sich gewaltsam abschottenden Gipfel dessen undemokratische Politik symbolisch verdeutlichen oder gar real verhindern? Oder wird durch die Fokussierung auf diese Events der Machtanspruch der G8 noch medienwirksam unterlegt? Oder wird gar die massenhafte Kritik von der G8 für ihre Zwecke vereinnahmt?

Mit all diesen Fragen wollen wir Diskussionsräume für einen kritischen Blick öffnen, der dazu beitragen kann, reflexhaftes Einschwenken in ausgetretene Wege zu vermeiden und die globalen und lokalen Kämpfe über die Tage des G8-Gipfels hinaus zu stärken.

Vorbereitungsgruppe Forum G8
Programm zum Schwerpunkt G8
Donnerstag, 25.05.06, 15:00 - 18:00 h

Crashkurs: G8
Infotour
Wer ist eigentlich die Gruppe der 8? Was wird auf den Gipfeln beschlossen (und was nicht)? Warum wird gegen die Gipfel protestiert? Der Crash-Kurs G8 soll in Workshop-Form einen Einstieg geben in die Thematik der inzwischen 8 „mächtigsten Industrienationen“ und ihrer jährlichen Treffen, ebenso wie zu den Protesten und Formen des Widerstands gegen diese.
Freitag, 26.05.06, 10:00 bis 11:30 h

Welche Macht hat die G8?
Markus Wissen (BUKO ASWW), Nicola Liebert (Journalistin)
Rein formell hat die G8 nichts zu melden. Einfluss hat sie dennoch, aber wo? Übt sie über ihre Mehrheiten in internationalen Organisationen wie Weltbank und IWF den nötigen Druck auf andere Länder aus? Oder liegt der Effekt der Gipfel auf einer ganz anderen Ebene: Sind diese vor allem symbolreiche Inszenierungen und Herrschaftsrituale?
Freitag, 26.05.06, 11:45 bis 13:30 h

„No G8!“ oder: Was wäre, wenn es die G8 nicht (mehr) gäbe?
FelS (angefragt), Werner Rätz (ila) (angefragt)
In dieser Forderung kristallisieren sich politische Positionen. Macht die Forderung „G8 abschaffen!“ Sinn, weil die G8 ein wichtiges Sinnbild globaler Unterdrückung darstellt? Oder handelt es sich bei der G8 nur um ein notwendiges Übel, das jederzeit durch andere Mechanismen ersetzt werden könnte? Geht also die Forderung am Kern des Problems vorbei? Welche Forderungen machen Sinn, wenn wir unsere Einschätzung der Treffen, aber auch darüber hinaus gehender Herrschaftsverhältnisse verdeutlichen wollen?
G8 2006 - St. Petersburg
Olga Aksyutina (Food not Bombs - Repka Rebels collective, Moskau), No Leningrad Cowboys, Berlin
Workshop mit Informationen zum Stand der Vorbereitungen der Proteste gegen den G8-Gipfel in St.Petersburg am 15.-17.7.2006, zu den Inhalten des Gipfels und zur rechtlichen Situation. Außerdem soll darüber diskutiert werden, wie die Proteste in St.Petersburg auch anderswo unterstützt werden können, etwa beim Global Action Day am 14.7. (Dazu gibt es auch einen eigenen Workshop im Rahmen des Linksradikales Vernetzungstreffen G8)
Freitag, 26.05.06, nachmittags

Linksradikales Vernetzungstreffen G8 [15:00 - 19:00 h]
Zur weiteren Planung, Diskussion und Koordination des Widerstands gegen den G8-Gipfel in St. Petersburg und Heiligendamm stellen wir an zwei Nachmittagen (Freitag & Samstag) Räume für das Netzwerk linksradikaler Gruppen bereit. Damit wollen wir eine Verknüpfung von inhaltlicher Auseinandersetzung und konkreter Widerstandsorganisierung auf dem BUKO ermöglichen.
Stand der Verfahren nach dem G8-Gipfel in Genua 2001 [17:15 - 19:00 h]
Blicero (supporto legale Genova)
In Genua finden z.Z. vier größere Verfahren statt: In einem stehen 29 Polizisten vor Gericht, die sich für den Gewaltexzess in der sog. Diaz-Schule am 21.7. verantworten müssen. In einem weiteren geht es um die Haftbedingungen, Folter und fortgesetzte Körperverletzung in der Carabinieri-Kaserne Bolzaneto, in der Gefangene temporär festgehalten wurden; hier stehen 45 Polizisten, Ärzte und Wachpersonal vor Gericht. Der Prozess gegen sieben Polizisten, die einen Demonstranten misshandelt haben, ist fast abgeschlossen. Im ersten großen Verfahren gegen 25 italienische DemonstrantInnen sind Urteile zu jeweils 8-15 Jahren Haft zu erwarten.
Blicero wird über den Stand der Verfahren informieren und darüber, wie die Unterstützung politisch und technisch organsisiert wurde und wird.
Samstag, 27.05.06, vormittags

Camp-Kommunismus und gestohlene Kräfte – für und wider Gipfelhopping [10:00 - 11:30 h]
six hills u.a.
Die G8-Gipfel sind zu wichtigen Ereignissen für die kritische Globalisierungsbewegung geworden. Sie können helfen, Protest sichtbar zu machen, Gruppen zu vernetzen, in gemeinsamen Aktionen neue Formen der Verständigung und des Zusammenlebens auszuprobieren. Aber auch kritische Stimmen melden sich: Kostet nicht gerade die Konzentration auf solch punktuelle Ereignisse viel Kraft, die lokaler Arbeit fehlt und nach dem Gipfel wirkungslos verpufft? Wann und unter welchen Umständen macht Gipfelprotest Sinn?
Wer beeinflusst wen? Protestbewegung und G8 [12:00 - 13:30 h]
Philipp Hersel (BLUE 21), Gisela Kremberg (angefragt)
Die Gipfel der vergangenen Jahre ließen deutliche Änderungen sichtbar werden: die Verlegung des Tagungsortes in gut abzuschottende, abgelegene Orte ist die wohl offensichtlichste. Aber haben die Proteste auch eine Auswirkung auf die Politik der G8? Ist die Aufnahme von Themen wie Armut ihren Kampagnen und Demonstrationen geschuldet, oder hängt die Themenwahl letztlich doch viel stärker von den innenpolitischen Interessen des jeweils vorsitzenden Landes ab? Und wie verändern umgekehrt der Gipfelprotest und die Maßnahmen der G8 die Bewegung selbst – sei es durch Vereinnahmung und Spaltung, durch Vernetzung und Stärkung?
Samstag, 27.05.06, nachmittags und abends

G8 - Repressionen gegen Gipfelmobilisierungen Foren übergreifend [14:00 - 17:00 h]
Blicero (Supporto Legale Genua), Dave (Indymedia UK Volunteer, London), Matt (Pigbrother, Zürich), Silke Studzinsky (RAV/European Legal Team, Berlin); Suus (Soligruppe Maarten, Amsterdam/Göteborg)
Seit ein paar Jahren gehören Massenproteste zum Standard bei Gipfeltreffen der G8, des WTO oder der Weltbank. Viele Aktive dieser Proteste waren mit einer bisher (gegen zivile Protestbewegungen) unbekannten Repression konfrontiert. Ziel des Diskussion soll es sein, Strukturen und Dynamiken der Gipfel-Repression zu analysieren, um für künftige Mobilisierungen besser vorbereitet zu sein. Am Beispiel einzelner Mobilisierungen (Göteborg, Genua, Genf, Gleneagles) sollen typische Muster der polizeilichen Strategien, der öffentlichen Legitimation und der juristischen Verfolgung deutlich werden.
Erwartungen an den G8-Prozess – Diskussion mit dem ASWW [14:00 - 17:00 h]
BUKO ASWW
In der ak 504 vom März 06 wurde das aktuelle Diskussionspapier des Arbeitsschwerpunkts Weltwirtschaft (ASWW) der BUKO veröffentlicht. Die dort präsentierten Thesen zur Mobilisierung gegen die kommenden G8-Gipfel und zur Organisierung einer emanzipatorischen Linken können hier mit den VerfasserInnen diskutiert werden.
Kampf um Rechte - "migrationspolitische Aktivitäten und G8" [14:00 - 17:00 h] (forenübergreifend)
FelS, NoLager Bremen, kein mensch ist illegal Hanau, und viele andere
Unter dem Motto „Freedom of Movement“ fand 2001 anlässlich der Proteste gegen das G8-Treffen in Genua eine migrationspolitische Großdemonstration statt. Diese ist von einem sehr breiten Spektrum getragen worden, ihre Größe und Ausstrahlungskraft ist dementsprechend beeindruckend gewesen. In Anlehnung hieran fanden bei allen weiteren Gipfelmobilisierungen ebenfalls migrationspolitische Aktionstage statt. Weder die Aktionstage in Evian 2002 noch die unter dem Motto „Make Borders History“ veranstalteten Rundgänge in Glasgow 2005 konnten jedoch an Größe, migrantischer Beteiligung, Schlagkraft und Nachhaltigkeit an die Groß-Demonstration in Genua anknüpfen. 2007 treffen sich die Staats- und Regierungschefs acht der (laut Selbstauskunft) mächtigsten Länder der Welt in Heiligendamm. Dieses Treffen möchten wir nutzen, um im Rahmen der Mobilisierung gegen den G8-Gipfel ein deutliches Zeichen globaler Solidarität zu setzen und in Anlehnung an die Großdemonstration in Genua migrationspolitische Aktionen zu organisieren.
Linksradikales Vernetzungstreffen G8 [15:00 bis 19:00 h]
Zur weiteren Planung, Diskussion und Koordination des Widerstands gegen den G8-Gipfel in St. Petersburg und Heiligendamm stellen wir an zwei Nachmittagen (Freitag & Samstag) Räume für das Netzwerk linksradikaler Gruppen bereit. Damit wollen wir eine Verknüpfung von inhaltlicher Auseinandersetzung und konkreter Widerstandsorganisierung auf dem BUKO ermöglichen.
Infotour: Kneipenquiz G8 - Wer wird nicht Millionär? [20:00 - 22:00 h]
Die Idee des Kneipen-Quiz ist es, auf relativ einfach Art auch Leute zu erreichen, die nicht unbedingt zu einer als G8-Info-Abend angekündigten Veranstaltung kommen würden - oder über G8 bisher nicht mehr als eine vage Vorstellung haben.