Pressemitteilung Pressekollektiv Zwischentöne 28.1.25:
Anhaltende türkische Angriffe auf Zivilisten an der Tişrîn-Talsperre am Euphrat in Nord- und Ostsyrien
Vor wenigen Tagen sind der aus Brandenburg stammende Physiotherapeut Jakob Rihn und die aus Baden-Württemberg stammende Menschrechtsaktivistin Lea Bunse bei türkischen Drohnenangriffen auf eine friedliche Versammlung von Zivilist:innen an der Tişrîn-Talsperre am Euphrat in Nord- und Ostsyrien verletzt worden. Bei mittlerweile 12 türkischen Angriffen auf die dort ausharrende Friedenswache haben mindestens 22 unbewaffnete Zivilist:innen ihr Leben verloren, mehr als 203 Menschen wurden verletzt.
Dass die türkische Regierung durch ihre Armee und die Söldnergruppe SNA völkerrechtswidrig zivile Infrastruktur im Nachbarland Syrien bombardieren lässt, und gravierende Verletzungen der Menschenrechte verantwortet, wird in den deutschen Medien nur wenig thematisiert oder kontextualisiert.
Unser Pressekollektiv befindet sich seit mehreren Wochen vor Ort und hat Interviews und Hintergrundgespräche mit Mitarbeiter:innen der Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES), Vertreter:innen von sozialen Bewegungen sowie Personen des zivilen Lebens geführt.
Thema waren darin, die gegenwärtige Gefahr für den Wiederaufbau der syrischen Gesellschaft nach dem Sturz von Assad, der anhaltende Angriffskrieg der Türkei gegen die Autonomieregion Nord- und Ostsyriens sowie die Notwendigkeit echter demokratischer Prozesse beim Aufbau eines neuen Syriens unter Beteiligung von Frauen.
Anlässlich des zivilen Widerstands möchten wir nun auch von der Tişrîn-Talsperre direkt berichten und Sie hierzu einladen mit uns in Kontakt zu treten. Bitte kontaktieren Sie uns sowohl für Video- und Filmmaterial, Interviews, Artikel, Reportagen und Fotos sowie Anfragen für filmische Kurzreportage. Interviews können in deutscher und englischer Sprache vermittelt werden.
Wir haben außerdem Gespräche mit Jakob Rihn und Lea Bunse geführt und können sowohl Kontakt vermitteln als auch selbst Interviews führen.
Wir können Sie auch mit Vertretern der DAANES und SDF vor Ort in Nord- und Ostsyrien in Verbindung setzen. Bitte wenden Sie sich an zwischentoene_presse(at)systemli.org.
Angesichts der politischen Neuordnungsprozesse in Syrien und dem akuten Kriegsgeschehen im Mittleren Osten, die dringend Friedensperspektiven notwendig machen, sind wir der Meinung, dass eine größere Medienaufmerksamkeit für die Angriffe der Türkei, den zivilen Protest und die politisch-geostrategischen Entwicklungen in der Region notwendig sind. Bitte melden Sie sich gern für Zusammenarbeit und Materialanfragen.
Pressekollektiv Zwischentöne | zwischentoene_presse@systemli.org
Pressemitteilung von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, 28.01.2025
Nordsyrien: 22 Friedensaktivisten an der Tişrîn-Talsperre durch Türkei ermordet
Während die internationale Aufmerksamkeit inzwischen auf andere Regionen gerichtet ist, setzt die türkische Armee ihre Militäroperationen in Nord- und Ostsyrien sowie in Südkurdistan (Nordirak) fort. Dabei kommt es weiterhin zu Angriffen, die auch direkt gegen die Zivilbevölkerung gerichtet sind. Allein in den vergangenen drei Tagen sind bei türkischen Angriffen mindestens acht Zivilisten ums Leben gekommen.
Zivilist:innen von Drohnen und Artillerie getötet
Heute Morgen wurde der Tod des sechs Monate alten Omar Alloush aus Ain Issa in Nordsyrien bekannt gegeben Das Haus seiner Familie war am Sonntag von einer Granate getroffen worden, die aus dem von der SNA und der türkischen Armee kontrollierten Gebiet abgefeuert wurde. In der Nacht zum Dienstag ereignete sich ein weiteren Angriff in der nordsyrischen Gemeinde Zirgan in der Nähe von Ain Issa, bei dem zwei Männer und ein Kind getötet wurden. Mindestens acht weitere Menschen wurden verletzt. Zuvor war gestern in der südkurdischen (nordirakischen) Stadt Ranya ein ziviles Fahrzeug von einer türkischen Drohne angegriffen worden. Dabei wurden vier Menschen getötet und eine Person verletzt.
Bisher 22 Teilnehmer:innen an Friedensmahnwache ermordet
Während die Bundesregierung erklärt, den Frieden in der Region fördern zu wollen, greifen die Türkei und die mit ihr verbündete Syrische Nationalarmee (SNA) gezielt Friedensaktivist:innen an, die ein Ende der Kampfhandlungen fordern. Zuletzt wurden am Sonntag 14 Personen bei einer Mahnwache durch Granatenbeschuss verletzt. Am Dienstag gegen 15 Uhr begann eine erneute Angriffswelle. Seit dem 8. Januar findet am Tişrin-Staudamm eine Mahnwache für den Frieden statt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur ANF wurden bisher 22 Teilnehmer:innen durch Angriffe der Türkei und ihrer Verbündeten getötet, mehr als 217 weitere Personen verletzt.
Vorgehen qualifiziert als Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Gemäß Artikel 8 des Römischen Statuts stellen Angriffe, bei denen nicht zwischen Zivilbevölkerung und militärischen Zielen unterschieden wird, schwere Verletzungen des humanitären Völkerrechts dar und können als Kriegsverbrechen eingestuft werden. In diesem Fall handelt es sich jedoch nicht um wahllose, sondern um gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung. Unser Vorstandsmitglied Mako Qocgiri erklärt dazu: "Da diese Angriffe systematisch erfolgen und das Ziel haben, die Bevölkerung zu vertreiben, qualifizieren sie sich nicht nur als Kriegsverbrechen, sondern auch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach Artikel 7 des Römischen Statuts. Die Türkei muss für diese Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden".