Speak up!

Die BUKO widmet sich verstärkt dem Subkontinent Indien

Auf den gigantischen Zerstörungsprozess, den der eingeschlagene Modernisierungsweg Indiens mit sich bringt, reagiert eine kaum überschaubare Anzahl neuer sozialer und emanzipatorischer Bewegungen, die hierzulande bislang allerdings kaum bekannt sind oder wahrgenommen werden. In dem von der BUKO im Verlag Assoziation A mit herausgegebenen Buch "Speak Up!- Sozialer Aufbruch und Widerstand in Indien", das rechtzeitig zum 35. Kongress in München erscheint, kommen vor allem die AktivistInnen neuer Bewegungen zu Wort, die das Ergebnis des Zusammenspiels verschiedenster AkteurInnen sind, denen es immer wieder gelingt, neue politische Handlungsräume zu schaffen. Parallel dazu bastelt die BUKO an einem Webblog zu Indien für den Austausch von Informationen und Debattenbeiträgen progressiver linker und emanzipatorischer Organisationen und Netzwerke in Indien sowie als Medium für eine solidarische Diskussion über mögliche Anknüpfungspunkte internationalistischen Handelns hier.

Als Gäst_innen des 35. BUKO in München freuen wir uns zudem auf Ulka Mahajan, eine der Gründer_innen der Basisbewegung "Sarvahara Jana Andolan" (Bewegung der arbeitenden Bevölkerung) und Autorin zahlreicher Beiträge über soziale und politische Themen in Zeitschriften, Zeitungen und Büchern. Und auf Madhuresh Kumar, unabhängiger Wissenschaftler und einer der Organisator_innen der "National Alliance of People's Movements" (NAPM), einem Netzwerk das in zahlreichen Bundesstaaten aktiv ist und bereits mehrere landesweite Kampagnen durchgeführt hat. Im Anschluss an den Kongress wird es eine Lese- und Informationsreise mit Ulka Mahajan und Madhuresh Kumar in drei Städten geben.

Die Vergewaltigung einer 23-jährigen Studentin am 16. Dezember 2012 in New Delhi hat zu einem auch in den internationalen Medien beachteten Aufschrei engagierter Inder_innen und Protestkundgebungen in vielen indischen Städten geführt und die Formen sexueller Gewalt gegen indische Frauen auf die Tagesordnung gebracht. Ungewöhnlich schnell hat auch die indische Justiz auf die Proteste reagiert. Bereits drei Wochen nach der Tat wurde ein Hauptverfahren gegen fünf mutmaßliche Täter eröffnet (das Verfahren gegen einen weiteren Täter wurde vom Hauptprozess abgetrennt, weil er noch nicht 18 Jahre alt ist). Den Angeklagten im Hauptprozess wird wegen Entführung, Vergewaltigung und Mordes der Prozess gemacht. Aus der Breite der Diskussion in Indien im folgenden hier einige Weblinks, die die Reaktionen des Staates und der Gesellschaft auf die Vergewaltigung und Ermordung am 16. Dezember 2012 in New Delhi, das Verständnis sexueller Gewalt und allgemein das Thema Gewalt gegenüber Frauen von unterschiedlicher Seite aus kritisch betrachten.

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In den nächsten Wochen werden wir Analysen, Infos, Hintergründe zu Indien sammeln und diese auf unserer Homepage in einem Blog dokumentieren. Ein erster Anfang ist bereits gemacht:

  • Deepti und Harshita vom feministische Kollektiv Saheli Women's Resource Centre in Neu-Delhi, antworten in der "Jungle World" vom 17. Januar 2013 auf Fragen nach sexualisierter Gewalt in Indien und der derzeitigen Debatte in Indien. "Die Polizei bietet Frauen keine Unterstützung": http://jungle-world.com/artikel/2013/03/46973.html
  • Die Organisator_innen der National Alliance of People's Movements (NAPM) veröffentlichten am 24. Dezember 2012 eine gemeinsame Stellungnahme, in der sie Vergewaltigung als Manifestation der Struktur aus Patriarchat, Kaste und Klasse analysieren und verschiedene Forderungen stellen, um sexuelle Gewalt und Menschenhandel in Indien zu stoppen. "India: Comprehensive Action Against Sexual Violence Needed - Safety at Public Places is Everybody’s Business": http://www.sacw.net/article3464.html

  • Am 19. Dezember 2012 versuchte die Polizei eine Demonstration zum Haus von Sheila Dikshit, Chefministerin von Delhi, unter Einsatz von Wasserwerfern aufzulösen. Kavita Krishnan von der All India Progressive Women’s Association (AIPWA) spricht über die Mitverantwortung von Sheila Dikshit und des politischen Establishments für die Vergewaltigung am 16. Dezember 2012. "Freedom without fear is what we need to protect, to guard and respect": http://tehelka.com/freedom-without-fear-is-what-we-need-to-protect-to-guard-and-respect/

  • Manisha Sethi, Präsidentin der Jamia Teachers’ Solidarity Association (JTSA) und Dozentin am Centre for the Study of Comparative Religions and Civilizations, Jamia Millia Islamia University in New Delhi, fragt angesichts der Forderungen nach härteren Gesetzen und Überwachung des öffentlichen Raumes, ob Frauen ihre Sicherheit im öffentlichen Raum der Polizei überantworten wollen? "So What Are We Demanding At India Gate?": http://www.countercurrents.org/sethi281212.htm

  • Die kulturelle Sanktionierung von Vergewaltigung muss beendet werden, dies fordert u.a. die Dichterin, Übersetzerin und Aktivistin Meena Kandasamy in dem politischen Magazin "Outlook" vom 14. Januar 2013. "How Do We Break The Indian Penile Code?": http://www.outlookindia.com/article.aspx?283463
  • R.B Sreekumar, ehemalige Generaldirektorin der Polizei im Bundesstaat Gujarat, argumentiert, dass die Gleichberechtigungsgarantie in der Indischen Verfassung durch sozio-religiöse Konventionen und rückwärtsgewandte Sitten und Bräuche, die Frauen nur einen sklavenähnlichen Status zubilligen, ausgehöhlt wird. "Recast Traditions For Gender Justice": http://www.countercurrents.org/sreekumar301212A.htm
  • Die unabhängige Wissenschaftlerin und Schriftstellerin Cynthia Stephen fordert vom indischen Justizapparat, dass schnellstens die Bedingungen geschaffen werden müssen, dass Frauen ohne eingeschüchtert zu werden über Vergewaltigung und sexuelle Gewalt aussagen können. "Why Rapes Against Women And Girls?": http://www.countercurrents.org/stephen301212.htm
  • Flavia Agnes, Anwältin für Frauenrechte, die seit langem zu Genderfragen und Rechtsreformen arbeitet und Mitbegründerin von Majlis ist, einer Organisation für Frauenrechte mit einem Unterstüzungsprogramm für vergewaltigte Frauen, bewertet den öffentlichen Diskurs über die Vergewaltigung und die Folgen für den indischen Staat und die indische Gesellschaft als positives Signal, befürchtet aber, dass die Forderung nach schnellen Lösungen die Komplexität in der Auseinandersetzung mit allen Formen der sexuellen Gewalt gegen Frauen, wie die Gewalt innerhalb der Familien oder die Forderung, dass das Rechtssystem auch für Frauen zugänglicher gemacht werden muss, dabei aus dem Blick gerät. "No Shortcuts on Rape": http://www.epw.in/commentary/no-shortcuts-rape.html
  • Mit Blick auf den Aufschrei in den indischen Medien fragt Goldy George, Dalit Aktivist und Dozent am Centre for the Study of Social Exclusion and Inclusive Policyam Tata Institute of Social Sciences in Mumbai, ob ähnliches passieren würde, käme das Opfer der Vergewaltigung eine Angehörige der ländlichen, arbeitenden Klasse oder einer Dalit- oder Adivasi-Community? "The Politics of Selective Protest": http://www.countercurrents.org/george281212.htm