Hindunationalisten auf dem Vormarsch

Indien-Seminar, 1.11. Berlin

Die Wahlen im Frühjahr 2014 zum Nationalparlament haben die politischen Machtverhältnisse in Indien weiter nach rechts verschoben. Mit rund 31 Prozent gewann die hindunationalistische "Indische Volkspartei" (Bharatiya Janata Party/BJP), die absolute Mehrheit der Mandate, wenige Tage danach wurde Narendra Modi, Spitzenkandidat der BJP und von 2001 bis 2014 Regierungschef im indischen Bundesstaat Gujarat, zum Premierminister ernannt. Lange Zeit war Modi bei westlichen Regierungen wegen seiner Verantwortung für das schlimmste Massaker an indischen Muslimen seit der Unabhängigkeit Indiens politisch "umstritten". Die juristische Aufarbeitung der Pogrome in Gujarat im Jahr 2002 ist noch nicht abgeschlossen und zu den Vorwürfen hat er im Wahlkampf beharrlich geschwiegen. Von einem diplomatischen Boykott gegen ihn ist seit seinem Wahlerfolg nun nicht mehr die Rede. Heute steht Modi bei internationalen Investor_innen und Politiker_innen wegen seiner marktfreundlichen und neoliberalen Politik hoch im Kurs. Wichtige Fraktionen der herrschenden Klasse in Indien sehen in ihm und der BJP ihre Interessen am besten gewahrt. "Gute Zeiten für Indien", versprach er bei Amtsantritt.

Nicht wenige Stimmen warnen jedoch, dass durch den stetig steigenden Einfluss der Hindu-nationalisten auf Justiz, Bildung und Kultur und den diplomatischen Dienst die pluralistischen und säkularen Kräfte der Gesellschaft weiter geschwächt werden und die hindunationalistische Bewegung mit den zahlreichen ihr nahestehenden Organisationen und religiösen Einrichtungen zu einem "langen Marsch" durch die demokratischen Institutionen startet. So trägt die Zusammen-setzung des neuen Kabinetts und die Verteilung wichtiger regierungsnaher Posten deutlich die Handschrift von ultranationalen Hindu-Organisationen - Modi selbst gehörte lange Jahre dem paramilitärisch organisierten "Reichsfreiwilligenkorps" (RSS) an.

In dem Tagesseminar wollen wir uns einen Überblick über die Organisationsformen und die Dimensionen der religiös - nationalistischen Mobilisierung in Indien verschaffen, die sich gegen alle richtet, die nicht der Ideologie der Schaffung einer kulturellen, hinduistischen Identität als Rüstzeug für den Aufbau einer homogenen Gemeinschaft und die Etablierung eines mächtigen, hinduistischen Staates zugeneigt sind, die dagegen protestieren und Widerstand leisten. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie die Macht der Märkte die Institution der bürgerlich-repräsentativen Demokratie untergräbt und dem Hindu-Nationalismus den Weg bereitete.

Impulsgeber_innen:

Dominik Müller (freier Journalist und Buchautor), wird die personellen und ideologischen Verflechtungen der Hindunationalisten aufzeigen und mögliche Auswirkungen des Wahlerfolgs der BJP auf Partei-, Gewerkschafts- und Bewegungslinke sowie die sozialen Bewegungen in Indien umreißen.

Franziska Schiessl (studierte u.a. Indologie mit dem Schwerpunkt auf politischen Hinduismus und die Hindutva-Bewegung in Indien, arbeitet als Gastdozentin an der Ludwig-Maximilian Universität in München), thematisiert die Entstehungsgeschichte des Hindunationalismus und gibt einen Überblick über die Struktur und die Organisationen des Sangh Parivar ("Heilige Familie"), dem Verbund der hindunationalistischen Bewegung.

Veranstaltungsort: Allmende, Kottbusser Damm 25-26, 10967 Berlin (U-Bhf. Hermannsplatz). Das Seminar beginnt um 10:00 Uhr und endet um 18:00 Uhr.

Weitere Angaben zum Tagesprogramm, Wegbeschreibung usw. erhaltet ihr auf Anfrage. Bitte meldet Euch rechtzeitig an unter: mail@buko.info.

Das Seminar wird von der Rosa-Luxemburg-Stiftung finanziell gefördert.