"Ein Bauer braucht keine Bildung!", so zumindest die vorherrschende Meinung gegen die brasilianische Movimento dos Sem Terra (MST). Sie entwickelt seit 25 Jahren eigene Konzepte des Lehrens und Lernens und betreibt an die 3000 Schulen. Unter anderem technische Fort- und Ausbildungszentren und seit neuestem die "Escola Nacional Florestan Fernandes" für Fortbildungen und Ausbildungsgänge in Kooperation mit öffentlichen Universitäten. Die Landlosenbewegung entwickelt pädagogische Konzeptionen, wie die "educação no campo" (ländliche Bildung) und betreibt vielerorts Schulen; bis hin zu universitären Studiengängen. Dabei greifen die Bewegungen auf pädagogische Theorien und Konzepte von Paulo Freire bis zur Befreiungstheologie zurück. Dabei geht es nicht nur um die Alphabetisierung der Landbevölkerung, sondern auch darum Werte wie Emanzipation zu verbreiten und Lehrpläne zu entwickeln, durch die sich Arbeit, Familie und Ausbildung vereinbaren lassen.
Zugrunde liegt dieser Bildungsarbeit ein Verständnis von Politik, welche die Menschen in die Lage versetzen möchte, in der sie selbstbestimmt ihr Leben gestalten können. Die MST vertritt moderne Konzepte der Schulorganisation und des Unterrichts, die an reformpädagogische Debatten hierzulande erinnern. Zudem kommt in ihren Ansätzen ein erweitertes Bildungsverständnis zum Tragen, das besondere Aufmerksamkeit auf außerschulische Lernprozessen - und deren Reflexion in Familie, Bewegung und Gesellschaft - legt. Auf diese Weise wird Gesellschaft und gesellschaftlicher Wandel grundsätzlich mitgedacht. Es handelt sich um ein Bildungskonzept, welches versucht die aktuellen Herausforderungen - wie die Globalisierung der Agrarpolitik und den Klimawandel - aufzugreifen und pädagogische Antworten zu geben. Sowohl auf abstrakte gesellschaftliche Entwicklungsprozesse, als auch auf Herausforderungen eines existenziell bedrohten Alltags auf dem Land. In bildungstheoretischer und postkolonialer Perspektive wollen wir uns mit der brasilianischen Landlosenbewegung "Movimento dos sem Terra" (MST) beschäftigen. Betrachtet man die sozialen Bewegungen als Bildungsraum so schärft dies den Blick auf die Organisationsstrukturen, Rituale und Handlungsformen, aber auch ideologische Deutungsmuster der MST.
"Die Landlosenbewegung Brasiliens (MST) als besonderer Bildungsraum", Seminar des BUKO-Arbeitsschwerpunktes Bildung und Emanzipation (BiEm), Referent: Benjamin Bunk (Uni-Jena), Dortmund, 23.-25.9.2011, Langer August, Braunschweigerstr. 22;
In Kooperation mit: Komitee für freie Bildung Dortmund & Freundinnen und Freunde der MST; Das Seminar ist Teil der Reihe: Globales lernen & Postkolonialität/ Emanzipatorische Bildung im globalen Süden.
- Den Seminar-Flyer als PDF gibt es hier.
*Freitag*
18:00 Uhr: Ankommen und Abendbrot
20:00 Uhr: Vorstellen und gemeinsames Planen von Ablauf, Partizipation & Vorgehen
*Samstag*
9:00 Uhr: Frühstück
10:30 Uhr: Aufteilung in AGs
AG I: Aus westlicher Sicht.... Bildung und Postkolonialismus
AG II: Die Pädagogik Paolo Freires /Die Pausen werden autonom gestaltet/
13:30 Uhr: Mittagessen
15:00 Uhr: Die MST als besonderer Bildungsraum /Die Pausen werden autonom gestaltet/
19:00 Uhr: Abendbrot und dann mal schauen
*Sonntag*
10:00 Uhr: Frühstück und informelles Sprechen über die Gegenwart und Zukunft des Arbeitschwerpunktes
12:00 Uhr: Aufräumen (Abreise ist dann, wenn alles von allen freiwillig mit aufgeräumt wurde:)