Vor einem Jahr waren wir im Zuge unseres Besuches bei der indigenen Bewegung des Cauca und ihrer Kooperative CENCOIC, von der wir unseren Kaffee beziehen, im Selbstverwaltungsgebiet von Tacueyó. Wir wurden sehr herzlich aufgenommen und lernten viele der Prozesse und Menschen dort kennen, besuchten einige der Kaffee anbauenden Kleinbäuer*innen der CENCOIC.
Laut dem Consejo Regional Indígena del Cauca (CRIC, Indigenen Regionalrat des Cauca), in dem sich die von der Bewegung aufgebauten Selbstverwaltungsgebiete und -strukturen auf Ebene des Departmamentos Cauca organisieren, waren die Angreifer Teil der „Columna Dagoberto Ramos“. Diese ist eine Abspaltung der ehemaligen FARC-Guerilla, die den 2016 mit der kolumbianischen Regierung geschlossen Friedensvertrag nicht anerkennt. Stattdessen hat sie sich dem Anschein nach mittlerweile in den Dienst eines Drogenkartells gestellt. Dieses sowie andere bewaffnete Gruppen (Kartelle, Paramilitärs, Guerillas) versuchen seit einigen Monaten die strategisch wichtigen Gebiete im Norden des Cauca unter ihre Kontrolle zu bringen. Ihnen ist die indigene Selbstverwaltung dabei im Weg.
Seit Beginn diesen Jahren versuchen sie, durch Morddrohungen, Attentate und die Anwerbung von vor allem Minderjährigen die indigene Autonomie in den Selbstverwaltungsgebieten im Norden des Caucas zu untergraben und die Territorien so unter ihre Kontrolle zu bringen. Für diese und den CRIC insgesamt ist das eine schwere Herausforderung.
Die kolumbianische Regierung unter dem rechtsextreme Präsident Iván Duque reagierte auf den aktuellen Angriff mit der Entsendung von 2.500 Soldaten in die Region. Außerdem forderte sie die Selbstverwaltungs- und Selbstschutzstrukturen der indigenen Bewegung auf, mit dem Militär zusammenzuarbeiten und dieses in die indigenen Territorien zu lassen.
Die indigene Bewegung wies dies mit dem Hinweis zurück, sie lasse sich nicht von der Regierung in deren Kriegsstrategie hineinziehen, sondern erwarte von der Regierung die Umsetzung ihrer Rechte auf Leben, Frieden, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung. Die Gewalt ließe sich nicht mit mehr Waffen beenden, sondern mit einer Stärkung ihrer autonomen Strukturen und wirtschaftlichen Alternativen, die die Lebensbedingungen der indigenen Kleinbäuer*innen nachhaltig verbessern.
Wir haben die folgende Erklärung an den CRIC und die Selbstverwaltung von Tacueyó geschickt.
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Weitere Infos:
"Wir werden systematisch bedroht" – Interview mit Juan Carlos Guampe von unserem Partner CENCOIC (vom September 2019)
Stellungnahme des CRIC (Spanisch)
Rede von Cristina Taquinas Bautista, einen Tag vor ihrer Ermordung (Spanisch)
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An den Consejo Regional Indígena del Cauca (Indigenen Regionalrat des Cauca):
An die indigene Selbstverwaltung von Tacueyó:
An die Guardia Indígena (indigene Selbstschutzstrukturen):
An die Gemeindemitglieder des Selbstverwaltungsgebiet von Tacueyó:
Hamburg, 6. November 2019
"Wenn wir schweigen, töten sie uns, und wenn wir reden auch. Also reden wir!“
Cristina Taquinas Bautista
Mit großem Schmerz erfuhren wir von dem Massaker, das bewaffnete Gruppen am 29. Oktober 2019 im indigenen Selbstverwaltungsgebiet von Tacueyó begangen haben.
Wir verurteilen diesen feigen Angriff auf die Kämpfe für das Leben und die Würde, die die indigenen Gemeinden im Cauca führen. Unsere Gedanken sind bei den Gemeindemitgliedern des Selbstverwaltungsgebiet von Tacueyó, die uns vor einem Jahr mit viel Einsatz und Freundlichkeit in ihrem Gebiet empfangen haben. Gemeinsam mit Ihnen trauern wir um den Tod der Ne'h Wesx (Amtsträgerin) Cristina Taquinas Bautista und der vier Mitglieder der Guardía Indigena, der indigenen Selbstschutzstrukturen: Asdrúbal Cayapu, Eliodoro Finscue, José Gerardo Soto und James Wilfredo Soto. Wir senden den Verwundeten Kraft und Gesundheit. Wir bekunden unsere Solidarität mit den Familien der Opfer sowie allen Gemeindemitgliedern der Resguardo. Wir erklären unsere Unterstützung für das legitime Recht der indigenen Gemeinschaften, ihr Leben, ihre Gemeinden und das Gleichgewicht ihrer Gebiete durch ihre eigenen politischen Strukturen und die Guardía Indigena zu verteidigen.
Wir fordern, dass die bewaffneten Gruppen und die kolumbianische Regierung dieses Recht respektieren. Schluss mit den Drohungen und Angriffe gegen die Gemeinden! Schluss mit der Verletzung der Grundrechte der Gemeinden! Schluss mit der physischen und kulturellen Vernichtung der indigenen Gemeinschaften!
Wir lehnen die Strategie der Regierung ab, die als Reaktion auf diesen neuen Angriff mehr Soldaten entsendet und versucht, die Gemeinden in ihre Kriegsstrategie zu ziehen, anstatt die eigenen zivilen Prozesse der Gemeinden zu unterstützen und zu stärken.
Aus dieser Ecke der Welt senden wir Kraft an alle Gemeinden, die im Consejo Regional Indígena del Cauca organisiert sind, und vor allem an das Selbstverwaltungsgebiet von Tacueyó, damit sie ihren Widerstand fortsetzen, sich gemeinschaftlich organisieren, ihr Land verteidigen, ihre Autonomie und Kultur stärken können.
Eine solidarische Umarmung!
Kaffeekollektiv Aroma Zapatista
Kaffeekollektiv Aroma Zapatista eG
Am Veringhof 11
21107 Hamburg
Tel. 040-28780015