stop. future.unwritten
BUKO37 14. bis 17. Mai

Queerfeminismus

Internationalismus

 

Kann im globalen Zusammenhang von dem einen Feminismus gesprochen werden? Die Forderung nach Selbstbestimmung und Geschlechtergerechtigkeit gab und gibt es in allen Teilen der Welt. Frauen* schließen sich überall zusammen, um für die Verwirklichung von gesellschaftlicher Teilhabe und individueller Lebensgestaltung, unabhängig von Geschlecht, und gegen Diskriminierung und Verfolgung zu kämpfen. Hierbei geht es häufig erst einmal darum, dass sich Frauen* sichtbar und hörbar machen und die traditionalisierten patriarchalen Ordnungsstrukturen in Frage zu stellen, indem gleiche Rechte für Frauen* gefordert werden. So wird weltweit dafür gekämpft, dass Frauen ein Recht haben, "ihren Partner frei zu wählen und nicht zur Heirat gezwungen zu werden. Keine Frau darf geschlagen und misshandelt werden."1

Sexualisierte Gewalt stellt jedoch auch eine Kriegsstrategie dar, so zum Beispiel in Kolumbien. Dort reagieren Frauen*-Bewegungen auf die Gewalt mit Widerstand und Friedensförderung. Gesellschaftliche Umbrüche, Krisen und Kriege bergen für Frauen* eine erhöhte Gefahr Gewalt ausgeliefert zu sein.

Sie können jedoch auch für Frauen* eine Möglichkeit sein ihre eigenen Forderungen zu äußern und, zum Beispiel als selbst kämpfende Soldatinnen, von ihrer marginalisierten Position ein Stück in Richtung Mit- und Selbstbestimmung zu rücken. So tragen Frauen* im kurdischen Widerstandskampf und bei dem Aufbau einer basisdemokratischen Rätestruktur in Rojava eine zentrale Rolle. "Wie will die Frauenbewegung in Rojava langfristig eine frauenbefreite Gesellschaft durchsetzen und auf welche Erfahrungen und Methoden bauen sie?"2 Welches emanzipatorische Potential liegt in der Formierung von Frauen* als bewaffnete Kämpfer*innen? Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung bildet noch immer ein zentrales Thema feministischer Auseinandersetzungen. Damit einhergehend stellt sich die Frage wie Reproduktionsarbeit neu verteilt wird und auf wessen Kosten Emanzipation geschieht. Ist die Rede von feministischen Perspektiven auf Arbeit, darf die Betrachtung des gesellschaftlichen Diskurses um Sexarbeit und Menschenhandel nicht fehlen. Dieser bewegt sich zwischen körperliche Selbstbestimmung, Bevormundung und moralisierenden Befreiungsphantasien a la Alice Schwarzer.

Wie sehen feministische Kämpfe auf verschiedenen Kontinenten und in verschiedenen Kontexten aus? Welche Gemeinsamkeiten gibt es und wie kann transnationale Solidarität trotz verschiedener Auffassungen von Feminismus und verschiedener Ausprägungen und Ausmaßen von patriarchalen Strukturen funktionieren? Wie kann ein Umgang mit der eigenen Verwobenheit und Unterdrückungs- und Ausbeutungsverhältnisse aussehen, ohne in Tatenlosigkeit münden?

 

Feminismus goes queer?

Der Zusammenschluss für den feministischen Kampf "als Frauen für Frauen", kann Frauen* als Individuen und Kollektiv stärken und eine empowernde Wirkung haben. Aber birgt dies auch Gefahren des Ausschlusses und der Reproduktion stereotypischer Zuschreibungen? Geschlecht bestimmt als Struktur- und Identitätskategorie, global und regional tagtäglich das Leben eines jeden Menschen. Jedoch wiesen vor allem Feminist*innen of color darauf hin, dass es nicht losgelöst von weiteren Kategorien betrachtet werden kann, sondern intersektionale Überschneidungen von Geschlecht, Aussehen, Behinderung, Herkunft und Sexualität in das Blickfeld gerückt werden müssen.3 Menschen, die sich nicht in das Korsett der binären Geschlechterordnung zwängen lassen, haben nicht nur im Alltag gegen Ausschlüsse zu kämpfen, sondern auch feministische Politik wird häufig ihrer Lebenswirklichkeit nicht gerecht. Die Rechte von Trans*, Inter* und Queers bilden einen zentralen Punkt der queerfeministische Kämpfe. Queerfeministische Forderungen lassen sich nicht losgelöst von einer Vorstellung eines ästhetisch und funktionell normierten Körpers betrachten. Formatstring (die Diskriminierung dick_fetter Menschen), stellt eine Diskriminierungsform dar, welche auf neoliberale Selbstoptimierung und Körpernormierung zurück zu führen sind. Können sich (Queer)feminist*innen von der ständigen (Selbst-)Bewertung loslösen? Welche neue Perspektiven eröffnet der Queerfeminismus auf Geschlecht, Sexualität und Körper? Entspricht die queerfeministische Annahme einer nicht-statischen Geschlechtsidentität dem neoliberalen Zeitgeist? Lassen sich Queerfeminismus und Feminismen, die sich explizit auf die Kategorie Frau beziehen miteinander vereinbaren?

 

Sexismus und Feminismus auf dem BUKO Kongress

In der BRD hält die Mehrheit der Gesellschaft Feminismus für überholt: "Wir sind doch alle schon so emanzipiert und gleichberechtigt" - Feminismus wohltemperiert integriert in Gleichstellung und kapitalistische Strukturen."4 Trotzdem bzw. gerade deshalb wollen wir uns auch wieder dieses Jahr auf dem BUKO über (queer-)feministische Kämpfe weltweit informieren, mit feministischer Solidarität auseinandersetzen und die Verwobenheit von Patriarchat, Kapitalismus, Kolonialismus und weiteren Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnissen diskutieren. Der Kampf für Geschlechtergerechtigkeit, für die Auflösung der binären Geschlechterordnung, für Selbstbestimmung und Teilhabe stellt eben nicht nur einen Nebenwiderspruch dar, sondern lässt sich nicht trennen von weiteren emanzipatorischen Kämpfen. Die Orte, an denen wir uns bewegen und austauschen sind in der Vergangenheit, wie in der Gegenwart stets mit Geschlechterkämpfen und patriarchaler Unterdrückung verbunden. Die Stadt Münster, genauso wie der BUKO selber. Auch die emanzipatorische Linke ist nicht frei von Ausschlüssen, über-griffigem Verhalten, dominanten Redeverhalten und Barrieren. Diese Tatsache bei den Diskussionen und Vernetzungen im Hinterkopf zu behalten ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem achtsamen, aufmerksamen und anerkennendem Umgang miteinander. Welchen Stellenwert hat Awarness auf dem BUKO und in wessen Verantwortlichkeit steht diese? Welchen Zugang haben behinderte Menschen zu dem Kongress? Welche Rolle spielt die Auseinandersetzung mit eigenen Privilegien für eine transnationale Solidarität? Ist (Queer)feminismus nur eine Angelegenheit von Frauen*, Lesben*, Trans* und Inter*? Worum geht (Queer)feminist*innen in ihren Kämpfen weltweit und auch über die zeitlichen Generationen hinweg?

 

(Queer)Feminism

 
Internationalism
Can we speak in a global context of one feminism?

The demand for self-determination and gender equality exists and has been existing all over the world. Women* are joining forces everywhere to fight for the realization of social participation and individual lifestyles, regardless of gender, race or sexuality and against discrimination and persecution. Often women*'s immediate concerns are to make themselves visible and heard, and to question traditional patriarchal structures by demanding equal rights.

Worldwide, women* fight to have a right "to freely choose their partner and not to be forced into marriage. No woman* should be beaten and abused." Furthermore, sexualised violence also constitutes a war strategy, for example in Colombia. Women* there react to the violence with resistance and peace-building activism. Social upheavals, crises and wars create an increased jeopardy of violence against women*. However, they can also be a possibility for women* to take control, to express their demands and to step away from their marginalized position, to move towards (self-)determination (for example as armed soldiers).

In the Kurdish resitance movement in Rojava women* play a central role in the construction of grassroots council structures. "How can the women's movement in Rojava sustain a liberated society in the long run and what kind of experiences and methods are central to their struggle?" What emancipatory potential lies in the formation of women* as armed soldiers?
The gender-specific division of labuor still forms a central theme of feminist struggles. At the same time the question of how reproductive work is redistributed arises and at whose expense emancipation happens. In the context of talking about feminist views on work, the social discourse on sex-work and human trafficking needs to take in an important part in our analysis.

These discussions situate themselves between body politics and self-determination, being patronsed and moralizing liberation fantasies. What do feminist struggles on different continents and in different contexts look like? What similarities are there and how can transnational solidarity despite various conceptions of feminism and despite various forms and dimensions of patriarchal structures function? How can we deal with our own entanglement in structures of oppression and exploitation?


Feminism goes queer?
The association of the feminists "as women for women" can strengthen women* and be empowering for the individualsas well as for a collective. But it also creates risks of exclusion and reproduction of stereotypes. Gender influences as a structural- and as an identity category our daily lives, globally and regionaly. People who can not or don't want to be classified into the binary gender system have to struggle with marginalisation in their every day life. But often also feminist politics don't include the realities of trans*, inter* and queers*. Queer feminist activism creates a visibility and a space for Identities beneath and beyond the heterosexual matrix.

Queer-feminist demands can not be separated from the notion of hetereonormative, white supremacist beauty ideals. Fat-shaming (discrimination of not-skinny_fat people), is a form of discrimination which is part of a neo liberal, capitalist self-optimization and body-norming. Especially feminists* of color have pointed out that the category "gender" can not be discussed without taking furthder categories into consideration. Intersections of gender, race, physical appearance, ability, origin and sexuality have been put into the centre of our analyses.

Is a non-exclusionary feminism possible? Can (queer-)feminists disengage themselves from a permanet (self-)assesment? Wich new perspectives on intersections of gender, race, sexuality and body-image can queerfeminism explore and create? Does the queerfeminist assumption of a fluid gender-identity correspond with the neoliberal Zeitgeist? Can queerfeminism and feminisms, wich refer to the category "woman", be combined with each other?

 

Sexism in the left and during BUKO.

In Germany the majority of society views feminism as dated: "We are all already emancipated and equal before the law" - A well-tempered feminism which is integrated in a society of equal payment and capitalist structures. At BUKO we want to, regardless and especially because of this kind of sentiment and rhetoric, discuss and inform each other about global and transnational (queer)feminist struggles. We want to discuss and engage with notions of feminist solidarity and the entanglement of patriarchy, capitalism, colonialism and other systems of domination and exploitation.The fight for equality of all genders, the destruction of the binary gender system, for self-determination and active participation can not be understood as a single issue any more, it is inherently connected to all emanicaptory struggles.

 

The places which we inhabit and in which we exchange experiences have been connected to patriarchal exploitation in the past as well as in the present. This also counts for the city of Münster as well as the meeting place we call BUKO.

 

Emancipatory consciousness cannot be taken for granted, the ?emancipatory left? is not free from barriers, discrimination, sexual assault or dominant behaviour in discussions and conversations.

 

To keep this in mind during discussions and networking can be the first step to a conscious, critical and gentle contact with each other. We are wondering: how imortant are awareness-structures during BUKO and who is responsible? How accessible is the congress to disabled people? How important is the critical engagement with one's own priviliges for a transnational solidatity movement? Is (queer)feminism only of importance to women*, lesbians*, trans* inter* and queer folx? What are queer feminists* struggles about on a global scale and how will our fight look like in the future?

 

1Revolutionäres Frauengesetz der Zapatistas.

2Ankündigungstext "Frauen in Rojava".

3Zum weiterlesen das Statement der lesbischen Frauen* of color Ncombahee River Collective.

4Ankündigungstext "Warum Feminismus?".

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Bundeskoordination Internationalismus (BUKO)
www.buko.info


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