BUKO 25: Eine andere Globalisierung ist möglich!
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Pressemitteilungen vom BUKO25 in Frankfurt:
Sonntag, 12.05.02
Die Welt verändern, ohne die Staatsmacht zu erobern Mit einem Plädoyer, Herrschafts- und Machtverhältnisse in den alltäglichen Beziehungen zu problematisieren und zu verändern, schloss der größte Bundeskongress der Bundeskoordination Internationalismus (vormals Entwicklungspolitischer Aktionsgruppen), der vom 9. Bis 12. Mai in Frankfurt am Main stattfand. Zuvor diskutierten zwei Stunden lang Ariane Brenssell. und Susanne Schulz aus den feministischen Zusammenhang respectlos, Frank John vom No-Border-Grenzcamp, Prof John Holloway von der Universidad Autónoma in Mexiko und Prof. Joachim Hirsch aus Frankfurt über "Staatskritisch, plural, radikaldemokratisch - Internationalismus in der neuen Weltordnung". Moderiert wurde diese Veranstaltung von der Journalistin Anke Schwarzer. "Ya basta!" (Es reicht!), und "Aus dem Weg, Kapital", begann John Holloway seinen einleitenden Vortrag über seine Thesen zur "Anti-Macht". Die Opfer des wirtschaftlichen Zusammenbruchs in Argentinien und die Zapatisten in Mexiko hätten begriffen: Der Kapitalismus ist eine Katastrophe. "Aber", so fügte Holloway hinzu "das einzige Problem ist, wie kann es gehen, dass der Kapitalismus verschwindet." Die alten Antworten auf diese Frage haben sich nach Holloway als falsch herausgestellt. Es gehe darum, unsere eigene Macht aufzubauen und zu emanzipieren. Aber: diese Macht ist nicht einfach Gegenmacht, sondern "Anti-Macht", etwas Anderes, noch zu Erfindendes. Und, gesellschaftlicher Wandel gehe nicht über den Staat, denn der Staat sei nicht die Gesellschaft. Mit Blick auf die Straßenblockaden und andere Aktionsformen in Argentinien und in der Provinz Chiapas in Mexiko sagte er: "Aufstände allein bringen zwar neue Organisationsformen hervor. Aber Aufstände allein reichten nicht aus - es gehe heute um eine Revolution, die sich in den Zwischenräumen der alten Gesellschaft entwickeln müsse." In einer ersten Podiumsrunde erwiderte Joachim Hirsch, dass Macht und Anti-Macht dennoch ein entgegengesetzter Prozess sei. Als Beispiel nannte er die deutsche Anti-Akw-Bewegung, die durch Gründung der grünen Partei verstaatlicht wurde. Politik hieße, nach seinem Verständnis, das Terrain der Politik zu verändern. Frank John antwortete auf die Frage nach den Erfolgskriterien anti-mächtiger Bewegung mit connections, connections, connections. Er meinte damit, es komme darauf an, die theoretischen Ansätze in den alltäglichen Beziehungen zu konkretisieren. Feministische Kritik an Holloways Thesen, vorgetragen von Ariane Brenssell und Susanne Schulze bezogen sich zum einen darauf , dass die Rede vom Zugang zum gesellschaftlichen Tun nur einseitig die Produktionssphäre und nicht die Reproduktionsbedingungen im Blick habe. Wo es um Subjekt-Subjekt Beziehungen gehe, etwa in der Pflege, der Sexarbeit oder Hausarbeit, reiche der Begriff nicht aus, um Herrschaftsverhältnisse analysieren zu können. Wir brauchen radikalere theoretische Zugänge um die Verkürzungen in der Herrschafts-und Machtanalyse zu überwinden. Das Schweigen über Geschlechterverhältnisse sei eine Strategie des Schweigens. Die gegenwärtige globalisierungskritische Bewegung sei ein Produkt der Krise des Neoliberalismus. In dieser Situation geht es, so Joachim Hirsch, nicht nur um die Aussage Eine andere Welt ist möglich, sondern darum, wie diese beschaffen sein soll. Diese Frage ginge über das nette Gefühl von Pluralismus hinaus. Das No-Border-Netzwerk berief sich für die Frage, wie lokale Organisierung voranzubringen sei, auf Lernbereitschaft und -fähigkeit der internationalistischen Linken. Wichtig sei es von Widerstandsformen in anderen Ländern zu lernen. Aber auch die eigenen Macht- und Herrschaftsstrukturen innerhalb der Linken müssten verändert werden. "Macht und Anti-Macht seien keine äußere Beziehung", pflichtete Holloway dem bei. "Wir sind innerhalb von Machtbeziehungen, die uns bestimmen, in einem Kampf against, in and beyond verstrickt." Gegen Ende der Veranstaltung wurde auch der Bundeskongress kritisch gewürdigt. Immer noch würden z.B. Ökologie und Geschlechterverhältnisse auf Teilbereichsansätze reduziert und nicht ganzheitlich in die Denkansätze integriert. Aufgerufen wurde zu größerer Methodenvielfalt . Außerdem solle es mehr Angebote für NeueinsteigerInnen auf den nächsten Kongressen geben. Der 25. Bundeskongress endete mit einem Aufruf sich an der Großdemonstration in Berlin oder an entsprechenden lokalen Aktionen anlässlich des bevorstehenden Staatsbesuchs des US-amerikanischen Präsidenten Ende Mai zu beteiligen. Dabei wurde von lateinamerikanischen Gruppen darauf verwiesen, dass offenbar auch ein kriegerischer Angriff auf Cuba vorbereitet werde, gestützt auf die der absurde Beschuldigung, Cuba würde an der Produktion und Verbreitung von biologischen Waffen beteiligt sein. Mit rund 800 festen TeilnehmerInnen war dieser Bundeskongress der größte seit Beginn der 90er Jahre. Vielleicht auch ein Ergebnis der Öffnung für internationalistische und herrschaftskritische Gruppen, die auch schon in der Vorbereitung des Kongresses praktiziert wurde.
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