Von 2006 bis 2009 soll die deutsche Waffenfirma tausende G36 sowie Zubehörteile wissentlich in mexikanische Bundesstaaten geliefert haben, für die keine Exportgenehmigungen existierten. Deutsche Firmen dürfen nur in Ausnahmefällen Waffen an Nicht-Nato-Mitglieder liefern. In diesen Fällen müssen außen- oder sicherheitspolitische Interessen Deutschlands den Verkauf begründen.Für Mexiko gibt es Exportverbote für Waffen in einzelne Bundesländer.
Nach Brasilien wird weiter exportiert. Erst vor zwei Tagen wurde bekannt, dass auch die im März im brasilianischen Rio de Janeiro ermordete Aktivistin Marielle Franco nachweislich mit einer Maschinenpistole aus dem Hause Heckler & Koch erschossen wurde. Unbekannte eröffneten das Feuer auf ihr Auto, trafen die Politikerin unter anderem am Kopf. Sie und ihr Fahrer starben vor Ort.
Nach Angaben brasilianischer Medien handelt es sich um eine MP5, eine Waffe die neben der G36 von Spezialeinheiten der brasilianischen Polizei benutzt wird. Der Waffenhersteller hatte im Jahr 2016 erklärt, nicht mehr an Brasilien zu liefern. Ob weiterhin in das südamerikanische Land verkauft wird, ist unklar. Die Waffen der Firma aus Oberndorf waren auch bei der Niederschlagung eines Aufstandes im Gefängnis von São Paulo beteiligt, über 100 Gefangene wurden dabei von der Polizei mit MP5 erschossen.
Die Kläger und Aktivisten der Anti-Militarisierungsnetzwerke DFG-VK und Global Net – Stop the arms trade werden von allen Prozesstagen in mehreren Sprachen berichten. Sie hoffen weltweit Aufmerksamkeit zu erlangen. "Wer illegal Tötungsmaschinen in ein Krisengebiet ausführt und damit die Ermordung Unschuldiger mitverantwortet, der wird gemäß Kriegswaffenkontroll- und Außenwirtschaftsgesetz mit langjähriger Haft bestraft", so eine Pressemitteilung.
Anlässlich des Prozessbeginns wollen Aktivisten und Menschenrechtsorganisationen über die fatalen Folgen informieren, welche die Waffenexporte für Menschen im Empfängerland haben. Sie wiesen auf die im September 2014 im mexikanischen Bundesstaat Guerrero ermordeten Menschen hin, als Studenten in Ayotzinapa von Polizeikräften angegriffen wurden. 43 der Studenten wurden verschleppt und sind seitdem verschwunden. Dabei wurden von den Sicherheitskräften "nachweislich G36 Schnellfeuergewehre aus deutscher Herstellung eingesetzt, die gemäß der offiziellen Genehmigungen nie nach Guerrero hätten gelangen dürfen", heißt es in einer Stellungnahme der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko. Mit dem Nachweis der illegalen Lieferungen wäre auch die direkte Mitverantwortung von Heckler & Koch in diesem Fall erwiesen, so die Koordinatorin Organisation, Carola Hausotter.
Die Kritik an Waffenexporten geht allerdings darüber hinaus, wie Charlotte Kehne von Ohne Rüstung Leben betont: "Zunehmende Gewalt, Menschenrechtsverletzungen, Korruption und Straflosigkeit hätten dafür gesprochen, überhaupt keine Waffen nach Mexiko zu liefern. Der Versuch der Bundesregierung, den Endverbleib auf bestimmte Bundesstaaten innerhalb Mexikos zu begrenzen, war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Deshalb hilft nur ein striktes Kleinwaffenexportverbot."
Das Sturmgewehr der Firma ist die Ordonnanzwaffe der deutschen Bundeswehr und wurde tausendfach in zahlreiche Krisenländer exportiert. Neben Mexiko und Brasilien, den Philippinen und Saudi-Arabien haben auch Einheiten der Peschmerga im Irak das Gewehr gekauft. In Ägypten sind offiziell 608 G36 im Umlauf. Brasilien gehört zu den weltweit gefährlichsten Ländern für Menschenrechtsaktivisten. In einem Interview mit dem Neuen Deutschland warnte der brasilianische Kriminologe Sérgio Adorno vor einer "Mexikanisierung der Sicherheitslage" in Brasilien.
Zum Prozessauftakt am 15. Mai haben verschiedene Organisationen der Opfer mit einer Mahnwache vor dem Stuttgarter Landgericht gedacht.
Quelle: https://amerika21.de/2018/05/200950/waffen-maxiko-deutschland