Aufruf für Eure Beiträge zum 40. BUKO Kongress
BUKO 40 : Jeden Kolonialismus beenden!
- Anerkennung, Widerstand, Reparationen -
02.-05.10.2025 in Kassel
Auch wenn die Epoche des Kolonialismus beendet erscheint und antikoloniale Kämpfe in den meisten Ländern zur formalen Unabhängigkeit geführt haben, begegnen uns koloniale oder neokoloniale Muster allerorten:
• In den Ausbeutungsstrukturen der Weltwirtschaft, die dafür sorgen, dass jährlich vierstellige Milliardenbeträge von Schuldendienst oder Gewinnrückführung von den armen Ländern zu den Banken und Konzernen der reichen Länder fließen.
• Im Extraktivismus, der Ressourcen in ehemaligen Kolonien ausplündert, auch im Rahmen einer vermeintlich ökologischen Energiewende. Dies tut er ohne Rücksicht auf Natur oder lokale Gemeinschaften, auch im Interesse der imperialen Lebensweise.
• In einem Patentsystem, das lebenswichtige Impfstoffe den Wohlhabenden vorbehält.
• In einem Staatensystem, das Menschen das Recht auf Mobilität und wenigstens den Versuch eines besseren Lebens verweigert, die das Pech hatten in ausgeplünderten statt in ausplündernden Staaten auf die Welt zu kommen.
• In einem Siedlungskolonialismus, der sich weigert, historisches Unrecht anzuerkennen und daran festhält Land, das er Menschen gewaltsam gestohlen hat, exklusiv und nationalistisch zu beanspruchen und zu beherrschen – z.B. in den USA, Kanada, Australien und Neuseeland, aber auch in Palästina, der Westsahara, Tibet und Kurdistan.
• In einer Erinnerungspolitik, die z.B. den Völkermord an den Herero und Nama immer noch nur als Völkermord zweiter Klasse anerkennt.
• Im subtilen Alltagsrassismus, der immer noch koloniale Stereotype widerspiegelt – sei es in Freiwilligendiensten, in denen weiße 18jährige ohne Qualifikation afrikanischen Kindern „helfen“, wie auch im Racial Profiling der Polizei.
Uns ist klar, dass Lösungen nicht immer einfach sind, und dass nicht jeder Kampf gegen koloniale Strukturen bereits ein Kampf für eine befreite Gesellschaft für alle Menschen ist. Aber wir sagen: es ist genug! Jede Art von Kolonialismus ist zu beenden, die Selbstbestimmung aller Menschen ist überall in gleicher Weise zu achten.
Wir laden Euch ein, mit uns zu diskutieren, zu analysieren und Aktionen zu planen, besonders in folgenden Bereichen:
Anerkennung: Jede Art von Kolonialismus war und ist ein Unrechtsregime, das mit gleichen Rechten für alle Menschen unvereinbar ist. Doch auch neokoloniale Praktiken (legal und demokratisch legitimiert) setzen die kapitalistische Ausbeutung nach der Unabhängigkeit fort und müssen als solche benannt und beendet werden. Dies gilt für alle Akteur*innen, nicht nur die aus dem Westen.
Widerstand: Zahllose Menschen haben sich bis heute allen Formen des Kolonialismus auf allen Kontinenten widersetzt. Mit Waffen oder zivilem Ungehorsam oder durch den Aufbau von alternativen Formen des Zusammenlebens, der Politik und des Wirtschaftens. Weltweite Vernetzung stärkt den Widerstand.
Reparationen: Der über fünf Jahrhunderte währende Raub an Ressourcen, die Versklavung, Ermordung, Vertreibung und Verschleppung von zahllosen Menschen, die Zerstörung von Zivilisationen, Kulturen und Sprachen und letztlich auch von Lebensgrundlagen auf dem Planeten kann nicht einfach rückgängig oder “wieder gut” gemacht werden. Aber Europa und seine Siedlungskolonien haben die moralische Pflicht, von dem mit Raub und Versklavung geschaffenen Wohlstand Reparationen zu bezahlen. An die, die für diesen Wohlstand bezahlt haben, aber nie von ihm profitieren durften.
Globale kapitalistische Strukturen, welche die Ausbeutung von Menschen und Natur immer weiter fortsetzen, müssen aufgelöst und Alternativen gefunden werden. Aktueller siedlerkolonialistischer Landraub muss beendet werden. Ebenso Rechtsstrukturen, die globale Asymmetrien festschreiben.
Was ist die BUKO?
Die Bundeskoordination Internationalismus (BUKO) www.buko.info ist ein Netzwerk undogmatischer, linker Gruppen für die der Kampf um Befreiung international sein muss. Die BUKO organisiert seit 1977 Kongresse, die mehr sind als akademische Konferenzen. Sie wollen kritische Debatten und politische Aktionen mit Vernetzung verbinden.
Beim 40. BUKO Kongress vom 02.-05. Oktober 2025 in Kassel werden wir genauer hinsehen - auf die weltweite koloniale Geschichte und die heutigen kolonialen Einflüsse und Strukturen. Wir möchten jeden Kolonialismus als solchen anerkennen, den Umgang damit neu lernen, Widerstand zeigen und Veränderung bewirken.
Durch unterschiedlichste Programmformate und Einblicke in diverse Unterthemen, wollen wir auf dem Kongress Möglichkeit zur Auseinandersetzung und Vernetzung anbieten.
Kannst du dir vorstellen, beim 40. BUKO-Kongress einen Programmbeitrag anzubieten?
Wir laden hiermit ganz herzlich zur Einreichung von Programmvorschlägen für das Kongressprogramm ein!
Ein Programmvorschlag soll maximal eine Seite umfassen und folgende Informationen beinhalten: Titel, Themenbeschreibung, grober Ablauf und Zeitumfang, maximale Teilnehmendenzahl, Format (z.B. Vortrag, Workshop, Ausstellung, Performance oder ganz andere Ideen), Infos zu deiner Person/Gruppe, Sprache des Programmpunktes (ist eine Übersetzung benötigt).
Sendet uns euren Programmvorschlag bitte bis zum 11. Mai 2025 an buko40@buko.info oder buko40@buko.info
Vielen Dank
Nachtrag:
Wir haben vereinzelt die Rückmeldung bekommen, dass einige Punkte im Call for entries unvermittelt aufgelistet sind. Dazu eine Ergänzung der Vorbereitungsgruppe des BUKO40:
"Wir hatten uns dafür entschieden, den call for entries knapp und überschaubar zu formulieren - dabei sind aber vielleicht Unklarheiten entstanden. Nicht der Call, sondern der BUKO-Kongress soll der Ort sein, an dem wir gerne kritische Diskussionen führen wollen. Dies wollen wir allerdings in einer solidarischen Atmosphäre machen, da haben weder Antisemitismus noch andere Formen von Rassismus und Diskriminierung Platz für uns. Der Nahost-Konflikt soll auch nicht das beherrschende Thema des BUKO40 werden, dort soll es um die verschiedensten Aspekte von Kolonialismus gehen. Aber wir wollen die Region nicht aussparen wenn wir über Kolonialismus sprechen.
Daher laden wir euch ein, mit uns (neben vielen anderen Aspekten) auch über das Verhältnis von Holocaust und kolonialen Völkermorden zu diskutieren, schließlich hat Deutschland auch mehr als einen Völkermord zu verantworten. Oder über das Verhältnis von Antisemitismus und Rassismus und verschiedene Definitionen dieser Begriffe. Wie auch über die wiederholte Feststellung des Internationalen Gerichtshofs, dass die Besatzung und Besiedlung palästinensischer Gebiete seit 1967 das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser*innen verletzt. Auch über die Frage, ob Siedlungskolonialismus, Apartheid, ethnische Säuberungen und Genozid berechtigte Vorwürfe an Israel sind oder eben nicht. Und wo sich der Zionismus von anderen europäischen kolonialen Bewegungen unterscheidet, auch wenn sich zionistische Aktivist*innen ebenso wie viele ihrer Zeitgenoss*innen auf die Idee des Kolonialismus bezogen haben.
Der Israel-Palästina-Konflikt besteht seit Jahrzehnten und spaltet nicht nur die Linke. Wir möchten versuchen Diskussionen zu ermöglichen und Brücken zu bauen. Dabei ist klar, dass die Massaker vom 7. Oktober kein emanzipatorischer Akt waren und die Hamas nicht für Befreiung steht. Aber auch der Bombenkrieg, der Gaza nahezu vollständig zerstört und zehntausende zivile Opfer gefordert hat, ist kein Akt der Selbstverteidigung und wird keinen Frieden für die Region bringen. Die zentrale Frage für uns ist: Wie sieht eine linke, internationalistische Position in dieser Gemengelage aus, die die Rechte und die Opfer und den Schmerz auf beiden Seiten anerkennt, ohne Hierarchien aufzustellen und auf einem Auge blind zu sein?
Mehr dazu in unserem kommenden Aufruf zum Kongress und natürlich auf dem Kongress selber!"