Beim vierten Bundeskongress (BUKO) im Oktober 1980 beschließen die versammelten Aktionsgruppen eine „Kampagne gegen die Praktiken der Pharmaindustrie in der Dritten Welt“. Damals ahnte niemand, dass die BUKO Pharma-Kampagne, die im Januar 81 ihre Geschäftsräume im Welthaus Bielefeld bezog, zu einem Selbstläufer werden würde. Bis heute bietet sie Big Pharma die Stirn und hat über die Jahre hinweg viel bewegt.
Schon im April 81 erscheint die erste Ausgabe des Pharma-Briefs. Nur wenige Monate später wird die Kampagne beim Gesundheitstag in Hamburg vorgestellt. Bei den Pharmaherstellern stößt die Neugründung indes auf wenig Gegenliebe: Der Verband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) betitelt sie als: „BUKO-Kampagne im Sinne der Ostblock-Strategie gegen Multis in der Dritten Welt“. Schon ihre erste Aktionswoche 1982 hat es in sich: „Kein Geschäft mit Menschenblut“, so der Titel. Der Import von Blutplasma aus der Dritten Welt und aus den Armutszonen der USA soll gestoppt werden. Wären die BUKO-Forderungen seinerzeit durchgedrungen, wären viele Bluterkranke nicht mit HIV infiziert worden.
Schon in frühen Jahren wird die Stimme der Kampagne durchaus gehört – u.a. bei den Aktionärsversammlungen der großen Firmen. Immer wieder müssen die Hersteller falsche Indikationen streichen, unethische Werbung stoppen oder gefährliche Präparate vom Markt nehmen. Etwa das Schmerzmittel Dolviran®, das in Afrika das nierenschädigende Phenacetin enthielt oder das clioquinolhaltige Durchfallmittel Oletron®, das in Indonesien verkauft wurde. Markenzeichen der Kampagne sind bis heute eine hervorragende internationale Vernetzung, stichhaltige wissenschaftliche Publikationen, aber auch Straßentheater und andere kreative Aktionen, die für öffentlichen Druck sorgen. So macht sie sich 1984 für ein Exportverbot von in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln stark und verschickt ein Medikamentenfläschchen mit der Aufschrift „Heilosan“ an alle Bundestagsabgeordneten. Das BUKO-Wundermittel nimmt die Phantasieindikationen und die Verharmlosung von Nebenwirkungen auf die Schippe. Die Wellen schlagen hoch, aber es dauert trotzdem noch fast sechs Jahre bis die Forderung umgesetzt wird. 1986 macht die Kampagne eine Dampferfahrt auf dem Main, um die Chefs von Hoechst zur Diskussion einzuladen, doch stattdessen wartet ein Großaufgebot der Polizei am Kai.
Immer wieder wird das Arzneimittelangebot deutscher Firmen in armen Ländern unter die Lupe genommen. 1990 werden zwei Drittel des Angebots als irrational bewertet und BUKO Pharma titelt: „Die Apotheke der Welt - Ein Ramschladen“. Andere wichtige Themen sind nicht-akzeptable Verhütungsmethoden (damals etwa eine Impfung gegen Schwangerschaft), unethische Arzneimittelforschung, Forschungslücken bei Tropen- und Armutskrankheiten sowie Zugangsprobleme bei Arzneimitteln. Über Nacht berühmt wird die Kampagne im März 2001 mit Erscheinen des Romans „Der ewige Gärtner“ von John le Carré. Denn ein Kapitel spielt bei der Pharma-Kampagne alias „Hippo“. Das Buch und dessen Verfilmung machten die Bielefelder Pharma-Kritiker zu Medienstars. Damals sind es noch unbezahlbare HIV-Therapien, die Menschen in armen Ländern vorenthalten werden, heute dagegen teure Krebsmittel oder Covid-19-Impfungen.
Ihren runden Geburtstag wird die BUKO Pharma-Kampagne mit der zweitägigen Fachkonferenz „One World – One Health” begehen. Gemeinsam mit Projektpartnern aus Indien, Südafrika, Tansania und Deutschland liefern wir Einblicke in die Resistenzproblematik im Bereich Mensch, Tier und Umwelt. Wir führen durch unsere virtuelle Ausstellung „Nicht zu stoppen“ und diskutieren mit politischen EntscheidungsträgerInnen, Wissenschaftlernnen und NGOs aus unterschiedlichen Fachbereichen. Die Konferenz findet als Hybridveranstaltung statt, die Online-Teilnahme über Zoom ist kostenlos. Wir freuen uns aber über eine Geburtstagsspende!
Einen Link zum Anmeldeformular gibt es hier: www.bukopharma.de/de/antibiotika
Die Konferenz stellt ein ein aktuelles Thema der Arbeit der BKO-Pharma-Kampagne vor und nimmt Antibiotika-resistente Erreger als globales Gesundheitsproblem in den Blick. Die Fachkonferenz gliedert sich in einen internationalen und einen nationalen Teil. Details dazu im Konferenzflyer: t1p.de/8wpd
Bitte meldet euch bis zum 18. April 2021 an, wenn ihr vor Ort diskutieren und mitfeiern möchtet! Die Anmeldung zur Online-Teilnahme ist auch später noch möglich. Eure Anmeldung wird per Mail bestätigt. Alle angemeldeten Teilnehmenden erhalten rechtzeitig den entsprechenden Konferenz-Link per Mail.