Im vergangenen Sommer beherrschten Warteschlangen für Treibstoff und Lebensmittel, die Besetzung des Küstenstreifens Galle Face Green in Colombo und des Präsidentenpalastes sowie die Flucht des ehemaligen Präsidenten Gotabaya Rajapaksa ins Ausland die Nachrichten aus Sri Lanka, als das Land vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch stand. Seitdem hat Sri Lanka einen so genannten "Erholungsprozess" eingeleitet und ein IWF-Rettungspaket in Höhe von 2,9 Milliarden Dollar erhalten. Dennoch sind die Preise weiter gestiegen, und die Armutsrate in Sri Lanka hat sich fast verdoppelt. Die neue Regierung unter Ranil Wickremesinghe kämpft um die Legitimation in der Öffentlichkeit und geht hart gegen Andersdenkende vor. Doch auch ein Jahr nach dem Volksaufstand scheint der Geist des Dissenses in der Bevölkerung Sri Lankas ungebrochen. Angesichts des anhaltenden Drucks auf die wirtschaftlich armen und benachteiligten Gruppen fordert das Feministische Kollektiv für wirtschaftliche Gerechtigkeit (Feminist Collective for Economic Justice, FCEJ) einen sofortigen Wandel in Politik und Wirtschaft. Die von Frauen geleistete Arbeit bleibt weitgehend unsichtbar. Sexuelle und reproduktive Gesundheit, häusliche Gewalt und Armut erhöhen den Druck auf Frauen. Im Mittelpunkt der Präsentation von Sarala Emmanuel vom FCEJ stehen der wirtschaftliche Beitrag der Frauenarbeit in Sri Lanka und die Kosten, die Frauen in der derzeitigen Wirtschaftskrise tragen. Es wird auf die zunehmende Belastung durch Betreuungsarbeit und die Auswirkungen der Krise auf den Haushalt, insbesondere bei Frauen auf dem Land, eingegangen. Schließlich werden einige der vom Staat und vom IWF vorgeschlagenen Maßnahmen zur sozialen Absicherung vorgestellt und die Unzulänglichkeit dieser Maßnahmen angesichts steigender Steuern, der Streichung von Energiesubventionen, steigender Kosten für Grundnahrungsmittel und fehlender Einkommen hervorgehoben.
https://www.srilankafeministcollective.org/
Sonntag, 26.11.2023 von 12 – 14 Uhr Online-Vortrag mit anschließender Diskussion
Referent*innen: Sarala Emmanuel vom Feminist Collective for Economic Justice, FCEJ aus Sri Lanka
Moderation Christa Wichterich und Jürgen Weber.
Sarala Emmanuel ist soziale Aktivistin und forscht und arbeitet im Osten Sri Lankas mit lokalen Frauengruppen zusammen und konzentriert sich dabei auf das Recht der Frauen auf Entwicklung, auf die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und auf die politischen Rechte von Gemeinschaften. Sarala hat einen MA in Entwicklungsstudien vom Institute of Social Studies in Den Haag, ein Postgraduierten-Diplom in Frauenstudien von der Colombo University und einen BA von der University of Bangalore.
Die Online-Veranstaltung finden mit der OpenSourceSoftware BigBlueButton statt, nach der Anmeldung bekommt ihr den Teilnahmelink. Es wird keine zusätzliche Software benötigt.
Zur Anmeldung bitte eine e-Mail an martin@buko.info schicken.
Zur Hintergrundinformation empfehlen wir die folgenden Texte des FCEJ:
A Progressive Gender Sensitive Response to the Crisis
Das FCEJ hat im Frühjahr 2023 Untersuchungen zu sozialen Sicherungssystemen durchgeführt. Ein Dossier vom Mai 2023 enthält die wichtigsten Ergebnisse und gibt Empfehlungen für eine geschlechtsspezifische soziale Absicherung.
Sri Lanka: Mehr Probleme im Namen der Stabilität verursacht
September 2022 Ein informativer Überblick darüber, welche verheerenden Auswirkungen die dramatische Wirtschaftskrise Sri Lankas in Kombination mit anhaltender staatlicher Repression gegen die Demokratie-Bewegung und den wirtschaftspolitischen Empfehlungen des Internationalen Währungsfonds hat, besonders auf die Lebenssituation von Frauen und ihre unbezahlte und bezahlte Arbeit. Deutsche Übersetzung.
April 2022. Das FCEJ schlägt Alarm wegen der dramatischen Krise im Land. Es analysiert Ursachen und die zentrale Rolle von Frauen als Betroffene und Akteurinnen. In einem politischen Forderungskatalog benennt es Sofortmaßnahmen, um einen freien Fall des Landes in Hunger und Elend zu verhindern. Deutsche Übersetzung.
Der freiberufliche Publizist Jürgen Weber berichtet in der iz3w über Sri Lanka nach dem Aufstand.
Einige weitere Links zum Thema:
Women’s Labour Force Participation: Three Themes – Chulani Kodikara
Economic crises, IMF and women’s labour
Women’s rights advocates reject debt restricting proposals and demand economic justice
Die Online-Veranstaltungsreihe "talk & act II" findet mit finanzieller Unterstützung der Norddeutschen Stiftung Umwelt und Entwicklung (NUE), des Katholischen Fonds und dem AGP-Programm von engagement global statt.