Mexiko: Schwere Unruhen in der indigenen Gemeinde Altamirano in Chiapas
Von Philipp Gerber
amerika21, 14.10.2023
Altamirano. Rund 60 Personen aus der chiapanekischen Gemeinde Altamirano sind von einer bewaffneten Gruppe entführt worden, als sie sich nach Verhandlungen mit den staatlichen Behörden auf dem Rückweg aus der Hauptstadt Tuxtla Gutiérrez befanden.
Die Entführung ereignete sich am 10. Oktober in der Nähe von San Cristobal de las Casas, nur wenige Kilometer von der Kaserne der 31. Militärzone in Rancho Nuevo enfernt.
Die Betroffenen gehören zu den Gemeinland-Vertreter:innen (Ejidatarios), die sich mit dem Gemeinderat in einer Auseinandersetzung um die politische Kontrolle über Altamirano befinden. Die Ejidatarios werden beschuldigt, in der Nacht zum 30. September 33 Häuser und mehrere Fahrzeuge in Altamirano in Brand gesetzt und mehrere Familienmitglieder des Gemeinderats gefangen genommen zu haben.
Seit zwei Jahren tobt in Altamirano ein heftiger Kampf um die politische Macht in der Gemeinde (amerika 21 berichtete [3]).
Die Auseinandersetzung begann im August 2021, als der damalige Gemeindepräsident Roberto Pinto Kanter seine Ehefrau Gabriela Roque Tipacamú als Nachfolgerin einsetzen wollte. Dem Aufstand eines Großteils der Bevölkerung gegen die Lokalfürsten folgten monatelange Auseinandersetzungen mit Straßenblockaden, Entführungen und Brandstiftungen.
Die chiapanekische Regierung setzte in Altamirano einen Gemeinderat ein, der von den Aufständischen dominiert wird. Pinto Kanter wurde im September 2023 wegen Korruption verhaftet, jedoch nach wenigen Tagen auf Kaution freigelassen. Der Gemeinderat von Altamirano behauptet, hinter der Gruppe der Ejidatarios stünde die Familie Pinto Kanter.
Aufgrund der zahlreichen Straßensperren und des anhaltenden Konflikts, der im August 2023 fünf Schussverletzte und ein Menschenleben kostete, konnte das neue Schuljahr in der 30.000-Seelen-Gemeinde noch nicht beginnen.
Am 11. Oktober wurden 15 der 60 entführten Personen freigelassen, während im Städtchen Altamirano mehrere hundert Polizisten sowie Soldaten der Nationalgarde und der Armee die Kontrolle übernahmen.
In Altamirano, das zwischen den lokalen Handelszentren Comitán de Domínguez und Ocosingo liegt, hat auch die zapatistische Bewegung EZLN im Dorf Morelia einen ihrer Hauptsitze. Bei der letzten öffentlichen Demonstration der Zapatistas im März 2022 gegen den Krieg in der Ukraine, schlossen [4] sich tausende Bürger:innen von Altamirano dem Protestzug an und forderten ein Ende der Macht der Familie Pinto Kanter, deren Urahnen als deutsche Kaffeebarone nach Chiapas eingewandert waren.
Quellen: proceso [5] lajornada [6] proceso [7]
Tags: Chiapas [8]
Links:
[1] https://amerika21.de/image/23898
[2] https://twitter.com/isain/status/1712331355655123183
[3] https://amerika21.de/2021/10/254638/mexiko-unruhen-chiapas-regierungswechsel
[4] https://www.chiapasparalelo.com/noticias/chiapas/2022/03/ezln-marcha-contra-guerra-en-ucrania-pobladores-de-altamirano-se-sumaron-y-anadieron-sus-demandas/
[5] https://www.proceso.com.mx/nacional/2023/10/11/secuestran-60-campesinos-del-municipio-de-altamirano-chiapas-video-316547.html#lnm9rm76bqn1sg8ty0o
[6] https://www.jornada.com.mx/2023/10/12/estados/032n1est
[7] https://www.proceso.com.mx/nacional/estados/2023/10/11/liberan-15-de-los-60-ejidatarios-secuestrados-por-un-grupo-armado-en-chiapas-316597.html
[8] https://amerika21.de/tag/chiapas
Veröffentlicht auf amerika21 (https://amerika21.de)
Quellen-URL:https://amerika21.de/2023/10/266336/mexiko-schwere-unruhen-chiapas